: Maya Shepherd
: Die Verlorenen
: tolino media
: 9783739393209
: 1
: CHF 3.20
:
: Science Fiction
: German
: 279
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die Legion ist zerstört und das Umland verwüstet. Die Rebellen haben kaum noch Vorräte, um ihr Überleben zu sichern. Plötzlich verschwinden immer wieder Mitglieder aus ihrer Gruppe. Verdächtigt werden die Mutanten, doch wie gefährlich diese wirklich sind, erfahren Finn und seine Mitstreiter sehr bald am eigenen Leib. Cleo muss derweil in der Zentrallegion gegen schwere Vorwürfe ankämpfen. Sie gilt als Verräterin und steht unter strenger Beobachtung. Die Trennung von Finn und die Ungewissheit, ob er noch am Leben ist, lassen sie zerbrechen. Gibt es für Cleo und Finn noch eine Chance, während nicht nur Meilen, sondern auch etliche Feinde zwischen ihnen stehen? Ist ihre Liebe stark genug?

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Tochter und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren.


01. Cleo


Für einen Moment höre ich nicht einmal mehr die lauten Propeller- und Motorengeräusche. Die Sicht vor meinen Augen verschwimmt. Ich habe das Gefühl, zu fallen – ins Bodenlose. Alles um mich herum dreht sich. Blut rauscht in meinen Ohren.

Ich bin deine Mutter.

A350 hat diese vier Worte mit so einer Selbstverständlichkeit gesagt, als wäre es jedem außer mir längst klar gewesen. Zu einem anderen Zeitpunkt, in einer anderen Situation hätten mir diese Worte etwas bedeutet. Sie hätten die Welt für mich verändert. Aber jetzt empfinde ich nur Wut und unsäglichen Schmerz.

Finn wird sterben. Finn und alle Rebellen. Die westliche Legionskugel wird explodieren und alle in den Tod reißen. Ich möchte bei ihnen sein. Ich möchte an ihrer Seite um unser Überleben kämpfen. Stattdessen befinde ich mich mit A350, Asha, Iris und einem Piloten in einem Hubschrauber, der uns in die Zentrallegion befördert. Ich fliehe feige und lasse alles und jeden rücksichtslos hinter mir zurück. Niemals wäre ich freiwillig gegangen. Ich habe es nur Finn zuliebe getan. Er wollte mit mir gehen. Wir wollten gemeinsam etwas verändern, stattdessen hat er die Tür hinter mir zugeschlagen. Er konnte die Rebellen nicht zurücklassen, aber wollte mich retten. A350 hat ihm bereitwillig dabei geholfen. Ich fühle mich von beiden verraten. Finn kann ich jedoch nicht hassen, denn ich werde ihn nie wiedersehen.

»Warum?«, stoße ich verständnislos aus und tauche aus dem Gefühlsstrudel auf, der mich zu verschlucken droht. Ich starre in A350s lichtblaue Augen und suche in ihnen nach einer Antwort. Sie hätte auch ohne mich fliehen können. All die Jahre war sie mir keine Mutter. Ich war für sie eine von vielen. Es ist erstaunlich, dass sie überhaupt weiß, dass ich von ihr abstamme.

Sie schaut mich ruhig an. Ich kann in ihrem Blick keine Reue erkennen. Sie steht hinter ihrer Entscheidung. Dann strafft sie die Schultern. »Du bist meine Tochter. Ich liebe dich.«

Meine Hand reagiert, ehe ich auch nur realisiere, was ich da tue. Sie schnellt vor und hinterlässt auf A350s bleicher Wange einen feuerroten Abdruck. Der Knall hallt mir in den Ohren. Meine Handfläche brennt.

Fassungslos starrt sie mich an. Sicher hat sie in ihrem ganzen Leben noch keine Ohrfeige bekommen. Genauso wenig, wie ich je eine verpasst habe. Ich erinnere mich daran, wie schockiert ich war, als Finn mir eine gescheuert hat. Als der Schock nachgelassen hat, sind Schuldgefühle in mir hochgekommen. Erst sein Schlag hat mir deutlich gemacht, dass ich etwas zu ihm gesagt hatte, was ich nicht einmal hätte denken dürfen.Die Legion hat deine Eltern getötet und hält deine Schwester gefangen. Hast du das etwa vergessen? Natürlich hatte er das nicht. Wie könnte er das je?

»Wage es nie wieder, mir gegenüber das WortLiebe in den Mund zu nehmen«, fauche ich A350 an. Dabei bin ich selbst überrascht von dem Klang meiner Stimme. Sie ist so kalt wie Eis und so schneidend wie der scharfe Rand einer Glasscherbe.

»Es ist nicht meine Schuld, dass Finn nicht hier ist. Ich habe ihm nicht verboten, mitzukommen. ER hat sich dagegen entschieden. Es war SEINE Entscheidung«, versucht A350 sich zu verteidigen. Doch meine Wut ist zu groß, um ihr wirklic