: Maya Shepherd
: Wolfsblut im Sternenregen
: tolino media
: 9783739489032
: 1
: CHF 2.40
:
: Fantasy
: German
: 107
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
n Sternen wohnen die unschuldigen Seelen von Menschen, die zu früh aus dem Leben gerissen wurden. Wenn ihr Licht erlischt, finden sie Erlösung und ziehen als Sternschnuppen ein letztes Mal durch die Nacht. Doch was, wenn Unzählige von ihnen auf einmal vom Himmel stürzen? Ist das der Anfang vom Ende? Wenn einem nur noch sechs Tage bleiben, um das Schicksal der Welt zu entscheiden, kann jede Minute entscheidend sein.

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Kindern und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren. 2019 gewann Maya Shepherd mit den Grimm-Chroniken den Skoutz-Award in der Kategorie"Fantasy".

Traurige Wahrheit


Donnerstag, 25. Oktober 2012

14.00 Uhr

Königswinter, Friedhof des versunkenen Mondes, Totengräberhaus

Es war schwer, dem Drang zu widerstehen, nicht direkt aus dem Haus zu stürmen und zur Schlosskommende zu eilen, um zu verhindern, dass Dorian Marys letzte Chance auf Rettung zunichtemachte. Margery konnte den Gedanken kaum ertragen, dass ihre Mutter die ganzen Jahre hinter dem Spiegel gelebt haben sollte, unfähig, in das Geschehen einzugreifen. Sie hatte immer gehofft, dass es eine Erklärung für ihr Verhalten gab. Als Kind war sie erfinderisch darin gewesen, sich Ausreden für die bösen Taten ihrer vermeintlichen Mutter einfallen zu lassen. Aber vor allem im letzten Jahr hatte sie sich gezwungen, zu akzeptieren, dass die Königin zu ihrer Feindin geworden war. Sie hatte Mary aufgegeben.

»Wir brauchen eine spiegelnde schwarze Oberfläche«, entschied Jacob und hastete die Stufen vom Keller hoch in den Flur.

Margery lief ihm aufgeregt nach, dicht gefolgt von Will. Simonja blieb bei Lavena, die sich weiterhin im Untergeschoss vor der Sonne versteckt halten musste.

Jacob ging von einem Raum zum anderen, bis sein Blick auf den ausgeschalteten Fernseher im Wohnzimmer fiel. Er war genau das, was er gesucht hatte, auch wenn er sich unsicher war, ob sein Vorhaben funktionieren würde.

»Margery, komm zu mir«, forderte er die Prinzessin auf.

Nebeneinander nahmen sie vor dem Gerät auf dem Boden Platz und blickten in eine dunkle, leicht verzerrte Spiegelung ihrer selbst.

»Du musst dreimal ihren Namen aussprechen«, flüsterte Jacob andächtig.

Margery blickte ihn skeptisch an, aber tat, was er verlangte.

»Mary«, sagte sie laut, wobei ihre Stimme vor Nervosität bebte. »Mary.«

Ängstlich suchte sie den Blick von Will, der sich im Hintergrund hielt und sie ermutigte, fortzufahren.

»Mary!«

Sie starrten gebannt auf den Fernseher, doch nichts geschah. Nur die Enttäuschung zeigte sich mit jeder Sekunde, die verstrich, immer deutlicher auf Margerys Gesicht.

»Warum funktioniert es nicht?«, wollte sie kläglich von Jacob wissen. Ihr Hals fühlte sich wie zugeschnürt an.

»Ich hatte gehofft, dass es mit jeder schwarzen Spiegelung klappt«, antwortete er entschuldigend. Er hatte nur ein einziges Mal mit Mary sprechen können. Seitdem er sich wieder an die Vergangenheit erinnern konnte, hatte bisher die Zeit gefehlt, um es noch einmal zu probi