Main Data
Author: Juli Summer
Title: Die kleine Ostsee-Bäckerei Ein Küsten-Roman
Publisher: Piper Verlag
ISBN/ISSN: 9783492989114
Edition: 1
Price: CHF 4.50
Publication date: 01/27/2022
Content
Category: Contemporary literature (from 1945)
Language: German
Technical Data
Pages: 284
Copy protection: Wasserzeichen
Devices: PC/MAC/eReader/Tablet
Formate: ePUB
Table of contents
Warmherziger Liebesroman um eine Bäckerei an der traumhaft schönen Ostseeküste. Für alle LeserInnen von Jenny Colgan und Meike Werkmeister »Ich erinnerte mich nur zu gern an diese Ferien zurück. Das Meer, der Duft nach frischen Brötchen und die Liebe meiner Tante waren fest mit meiner Jugend verwoben.« Liz zieht nach dem Tod ihres Freundes zu ihrer Tante an die See. Dort hofft sie, ihre Schuldgefühle besiegen zu können. Schnell steckt sie all ihre Energie in den Erhalt der kleinen Bäckerei. Trotz gebrochenem Herzen entwickelt sie Gefühle für den gut aussehenden Bjarne. Doch die beiden verfolgen unterschiedliche Ziele, denn Bjarne hat andere Pläne mit der Bäckerei. Hat die Liebe da überhaupt eine Chance? »Eine wirklich romantische und unterhaltsame Geschichte, die ich jedem ans Herz legen kann, man spürt einfach dieses gewisse Küstenfeeling. Bitte mehr davon«  ((Leserstimme auf Netgalley)) Erschien bereits 2018 unter dem Titel »Glück hat viele Farben«

Juli Summer kam im Juli 1981 zur Welt. Sie lebt mit ihrem Mann, den beiden Töchtern und vier Katzen in einem gemütlichen Dorf in Nordhessen. Lesen ist seit frühester Jugend eine Leidenschaft. Sie bringt dich an andere Orte, in fremde Welten und lässt dich tausende Leben leben. Seit einigen Jahren schreibt und veröffentlicht sie erfolgreich ihre eigenen Romane. 
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Tante Moni


Einen Ort nach dem anderen ließ ich hinter mir. Aus den Lautsprechern meines Autoradios dröhnte Pink. Im Takt trommelte ich mit den Fingern auf das Lenkrad. Neben mir im Fußraum lagen die Verpackungsreste eines Zwischenstopps bei McDonald‘s. Ich saugte den letzten Tropfen Cola durch den Strohhalm aus dem Pappbecher in meiner Hand, warf ihn zu dem restlichen Müll und konzentrierte mich wieder auf den Verkehr.

Schon die gesamte Fahrt über begleitete mich leichter Nieselregen. So fein, dass sich die Wischer entweder zu schnell bewegten und ein nervtötendes Quietschen auf der Scheibe hinterließen oder zu langsam und mir kurzzeitig die Sicht nahmen.

Es war Anfang April, und nachdem der Winter-der-keiner-war endgültig auch von den Meteorologen für beendet erklärt worden war, hatte sich der Frühling-der-keiner-werden-wollte breitgemacht. Mit Regen und Regen und, ach ja, Regen. Ein Grund mehr, die Sachen zu packen, um zumindest optisch für Abwechslung zu sorgen.

Die Fahrt war fast geschafft. Dort vorn konnte ich bereits das Verkehrsschild erkennen, auf dem mein Ziel ausgeschildert war. Zum Glück, denn die Tankanzeige war gerade auf Reserve umgesprungen. Tja, ich hätte doch besser an der letzten Tankstelle halten sollen, war aber der festen Überzeugung gewesen, eine weitere Etappe zu schaffen. Zu dumm, dass ich kurz darauf die Autobahn verlassen hatte und mir keine Zapfsäule mehr vor die Nase gesprungen war. Egal, jetzt hätte ich die letzten Meter sogar zu Fuß zurücklegen können.

Ich bog ab und folgte der Straße. Sie führte durch einen sechshundert Quadratmeter großen Mischwald. An beiden Seiten säumten Buchen, Stieleichen und Eschen die Straße.

Normalerweise verspürte ich an diesem Punkt das Gefühl von Urlaub. Denn ich wusste, sobald der Wald sich lichtete, war das Meer nur noch einen Katzensprung entfernt. Diesmal hatte das Blätterdach, das der Wald über mir bildete, etwas Bedrückendes. Keine Sonne. Kein Licht am Ende des Tunnels, sondern nur der Schlund, der mich mit all seinen Schatten freudig erwartete. Ich brachte diesmal meine ganz persönlichen Dämonen mit. Es fiel mir schwer, den kleinen Funken Hoffnung mit genügend Nahrung zu versorgen, um ihn nicht ausgehen zu lassen. Zu viel war zerbrochen, die Zweifel zu groß. Doch neben all der Traurigkeit überwog zumindest im Moment die Freude, meine Tante nach über zwei Jahren endlich wiederzusehen. Daran hielt ich mich fest, und nur deshalb konnte ich lächeln, als der Ort endlich zum Vorschein kam.

Ich fuhr über die abknickende Vorfahrtsstraße geradeaus und betrachtete verwundert die neu angelegten Verkehrsinseln, um die ich mich plötzlich schlängeln musste. Ohne die sich tummelnden Menschen und ohne das geringste Glitzern von sich reflektierenden Sonnenstrahlen wirkte der Ort wie ausgestorben.

Im Schritttempo steuerte ich das Auto über das rot-graue Straßenpflaster, vorbei an Restaurants und Häusern mit »Zimmer frei«-Schildern im Garten. Als ich den klapprigen Fiat meiner Tante entdeckte, wurde mir augenblicklich warm ums Herz. Endlich erfüllte mich die Vorfreude, auf die ich gewartet hatte, seit ich zu Hause aufgebrochen war. Nun war sie da, verdrängte kraftvoll die Leere, die bis eben in mir geherrscht hatte.

Tante Moni, ich komme. Rückwärts manövrierte ich den Opel Corsa, der neben dem alten Fiat tatsächlich eine gute Figur machte, in eine Parklücke, drehte den Zündschlüssel und der Motor verstummte. Stille hüllte mich ein und sofort waren die Fragen wieder da, die auch bei noch so viel Vorfreude nicht verstummten. Hatte ich richtig entschieden? Einen Moment blieb ich sitzen. Ganz ehrlich? Ich hatte nicht den blassesten Schimmer. Zu Hause hatte es sich richtig angefühlt, doch jetzt hier, auf diesem Parkplatz, würde ich am liebsten das Gaspedal durchtreten und mich wieder aus dem Staub machen. Wo war der Sinn der ganzen Aktion?

Okay, tief durchatmen. Ich konnte jederzeit zurück. Niemand zwang mich zu bleiben. Außerdem freute ich mich wirklich, Tante Moni zu sehen, es war lange her.

Sie war die Schwester meiner Mutter, was kaum zu glauben war. Die beiden waren sich so ähnlich wie mit Mist bespritzte Gummistiefel und High Heels von Manolo Blahnik. Meine Mutter war der totale Chaot, sie war impulsiv und durchgeknallt. Ich wunderte mich noch heute, wie sie es geschafft hatte, mich großzuziehen. Das meiste hatte ich dabei wohl meiner Tante zu verdanken. Sie war schon damals die Bodenständige gewesen. Sorgte für Ordnung und erinnerte ihre Schwester freundlich daran, dass auch Babys und Kleinkinder Nahrung benötigten, um zu überleben.

Keine Frage, ich liebte meine Mutter, aber deren mütterliche Fähigkeiten waren von Beginn an wenig ausgeprägt gewesen. Andererseits hatte ich dadurch schnell gelernt, selbstständig zu sein. Tante Moni brachte mir das Kochen bei und übertrug auch ihre Leidenschaft fürs Backen auf mich. Ich musste schmunzeln. Sie würde sicher dafür sorgen, dass die fünf Kilo, die ich seit Kais Tod verloren hatte, wieder auf meine Rippen kamen.

Mit den angenehmen Erinnerungen im Gepäck gab ich mir einen Ruck. Ohne mich umzuschauen, öffnete ich die Tür. Sofort wirbelte ein kühler Luftzug durch den Wagen und trug den Duft von Sand und Salzwasser herein. Dann kam die nächste Bö, drückte mit Kraft gegen die Tür. Den Griff nur locker mit zwei Fingern festhaltend, hatte ich keine Chance. Ein kurzer Ruck, dann knallte die Tür bis zum Anschlag auf.

Bevor ich fluchen konnte, gab es einen Aufschrei und aus dem Augenwinkel sah ich jemanden zu Boden gehen. Selbst halb fallend, stolperte ich um die geöffnete Tür.

»Oh nein, es tut mir leid. Geht es Ihnen gut?«

»Blendend. Ich schmeiße mich ständig aus reinem Vergnügen gegen Autos«, zischte der Typ durch zusammengebissene Zähne.

Er saß auf dem Boden und tastete seinen Arm ab. Seiner Miene war nicht zu entnehmen, ob er Schmerzen hatte, aber an einer Stelle seines Arms zuckte er kurz zusammen, als er mit der Hand darüberfuhr.

»Ich rufe einen Krankenwagen.« So schnell es meine zitternden Beine zuließen, kroch ich zurück in den Wagen und suchte nach meinem Handy.

»Hey, hörst du nicht? Ein Krankenwagen ist nicht nötig«, hörte ich eine mürrische Stimme hinter mir.

»Was? Ich … oh nein, sorry.«

Beim rückwärts Krabbeln trat ich dem Kerl direkt zwischen die Beine. Warum stellte er sich auch so nah hinter mich?

»Willst du mich umbringen?«

»Umbringen? Spinnst du? Das war keine Absicht, verdammt. Ich will niemanden umbringen.« Ungewollt stieg meine Stimme um einige Oktaven, und meine Atmung beschleunigte sich.

»Wow, komm mal wieder runter. Bei mir ist alles in Ordnung. Die blauen Flecken werde ich schon überleben«, gab er arrogant von sich.

»Schön für dich.« Aufgebracht knallte ich die Tür zu und wendete mich ab. Das fing ja alles gut an. Heiße Tränen brannten hinter meinen Lidern. Schon verspürte ich nicht mehr die geringste Lust, länger an diesem Ort zu bleiben. Dieser kleine Zwischenfall hatte meine kleine Wohlfühlblase platzen lassen. Wie konnte ich mir einbilden, dass alles besser würde, nur, weil ich hier war und nicht zu Hause, bei Kai, wo ich hingehörte. Aber ich war hier und Kai war nicht zu Hause. Er war tot. Meinetwegen. Verdammt, ich musste mich beruhigen. Dieser Typ konnte nichts dafür, auch wenn er ein Idiot war und unfreundlich, arrogant und selbstgefällig. Ich seufzte erschöpft. Doch eine Erklärung für mein Verhalten musste ich eh nicht mehr liefern, denn von dem Kerl war weit und breit keine Spur mehr. Hatte sich einfach aus dem Staub gemacht. Hauptsache ein riesen Theater veranstalten. Blödmann.

Egal, es war nicht wichtig. Ich durfte mir nicht alles so zu Herzen nehmen. Mein Nervenkostüm war dünn wie nie. Deshalb reagierte ich ständig völlig überzogen. Manchmal erkannte ich mich selbst kaum. Und ganz oft zweifelte ich, ob es die alte Liz je wieder geben würde. Und so gut wie nie rügte ich mich für diese Gedanken. Doch auch wenn die Momente recht selten waren, in denen die alte Liz aus dem Loch, in das sie gekrochen war, hervorlugte, waren sie es, die mir Antrieb gaben.

Genau solch ein Moment war jetzt. Ich schloss den Wagen ab, atmete tief durch und steuerte zielstrebig auf die Bäckerei auf der anderen Straßenseite zu. Bäckerei Morgengruß...

 
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