PROLOG
Kichernd und Dylans Hand festhaltend stolperte Alyssa den Weg entlang, der in den Wald führte. Hinter ihnen hallte der Lärm der After-Party des Abschlussballs durch die Sommernacht.
Alyssa hörte Gelächter, betrunkenes Grölen und das Dröhnen von Musik aus den Lautsprechern, die im Pavillon am See aufgestellt waren. Rauch und Funken des Lagerfeuers wehten in die Luft.
Der Wald vor ihnen war kühl. Grüne Blätter raschelten. Eine Baumwurzel brachte Alyssa fast zum Stolpern. Sie klammerte sich an Dylan, kreischte vor Lachen und war froh einen Grund zu haben, sich fester an seinem starken, muskulösen Arm festhalten zu können.
„Nicht so schnell. Ich bin fast hingefallen“, rief sie.
„Oh, tut mir leid. Alles in Ordnung?“, fragte er und legte seinen anderen Arm um sie.
„Alles bestens“, flüsterte sie und schmiegte sich an ihn. Er hatte das Hemd ausgezogen, das er auf dem Ball getragen hatte. Jetzt trug er ein weißes T-Shirt, das so dünn war, dass sie seine harte Brust durch den Stoff hindurch spüren konnte.
„Nicht zu kalt?“, murmelte er, und sein Atem wärmte ihren Nacken.
„Jetzt nicht mehr.“ Sie kicherte wieder.
Sie war betrunken, aber sie wusste, was sie wollte. Sie hatte darauf gehofft, seit sie den glühenden Blick auf seinem Gesicht gesehen hatte, als er auf dem Abschlussball mit ihr getanzt hatte. Wie atemlos sie sich gefühlt hatte, als er ihr ins Ohr geflüstert hatte.
Und jetzt war es so weit.
Er drehte sich zu ihr um und küsste sie, und Alyssa fühlte sich von dem Rausch der Lust wie weggefegt.
„Du bist so heiß, Alyssa“, sagte Dylan, und seine Stimme war ein wenig rauer als zuvor. Seine Lippen strichen über ihre Wange.
Alyssas Herz hämmerte laut in ihrer Brust. Sie kannte ihn seit Kindergartentagen, aber es fühlte sich richtig an, dass sie jetzt zusammen waren. Sie gehörten zusammen, da war sie sich sicher. Es sollte so sein.
Dylan unterbrach den Kuss und kippte sein Bier hinunter.
„Wie wäre es, wenn wir eine Weile hier sitzen blieben?“, schlug er vor.
Sie waren weiter in den Wald hineingegangen, als Alyssa bemerkt hatte. Die Partygeräusche waren verklungen.
Jetzt war da dieser moosige Geruch, den Alyssa nicht mochte. Es roch feucht, mit einem Unterton von altem, verrottendem Laub.
Dylan, der mit dem Rücken zu einem Baum hinunterrutschte, schien das nicht zu bemerken.
Aber so betrunken Alyssa auch war, als er ihre Taille umfasste und sie neben sich zog, konnte sie sich nicht genauso entspannen wie er.
Ihr Kleid war zu kurz. Unter den modrigen Blättern lagen Stöcke und Steine, die ihre Haut aufschürften.
Alyssa wusste nicht, wie weit sie mit Dylan gehen sollte. Sie mochte ihn, sehr sogar. Aber sie wusste, dass er den Ruf eines Herzensbrechers hatte. Sie wollte nicht, dass er sie hinterher abservierte. Sie wusste, dass er das bei anderen Mädchen getan hatte. Es wäre so demütigend, wenn er seinen Freunden davon erzählte und sich darüber lustig machte, dass sie nur ein One-Night-Stand für ihn gewesen war.
Aber hatte er die anderen Mädchen auf die gleiche Weise angesehen? Mit diesem schmachtenden Ausdruck in seinen dunklen Augen, der das Verlangen in ihr auflodern ließ?
„Du bist so besonders“, murmelte er. Jetzt waren seine Hände auf ihr, glitten ihre Beine hinauf und öffneten den Reißverschluss ihres Kleides.
Es war wunderbar, aber auch beängstigend, und ihre Eltern würden wütend sein; und obwohl sie angetrunken war, merkte Alyssa, dass sie nicht betrunken genug war.
Sie wusste plötzlich nicht mehr, ob sie dafür bereit war.
„Warte mal, ich fühle mich hier nicht wohl“, begann Alyssa und fürchtete, dass ihre Worte den Moment zerstören und die magische Anziehung zwischen ihnen brechen würden. Wenn er es ernst meinte, wollte sie es jetzt nicht vermasseln.
„Warum? Was ist los?“ Jetzt war seine Stimme schärfer. Sie konnte erkennen, dass er sauer war, weil sie sich weigerte, mitzumachen.
„Ich – äh …“
Sie war sich nicht sicher, wie sie ihr Unbehagen ausdrücken sollte. Wahrscheinlich sollte sie nicht sagen, dass sie gerade daran dachte, wie wütend ihre Eltern sein würden.
„Ich fühle mich hier auf dem Boden nicht wohl. Ich – ich habe Angst vor Ungeziefer. Und Zecken.“
„Zecken?“ Dylan klang ungläubig und prustete vor Lachen los. „Ich glaube nicht, dass es hier Zecken gibt. Aber – wie wäre es hiermit.“ Er lehnte sich näher heran. „Mein Auto ist in der Nähe des Pavillons geparkt, ich laufe zurück und hole uns eine Decke.“
„Okay“, sagte Alyssa.
Das war nicht das, was sie beabsichtigt hatte. Sie hatte gehofft, dass sie beide zurückgehen würden. Das würde ihr etwas Zeit verschaffen. Aber jetzt war Dylan aufgestanden und trottete zurück in Richtung des Pavillons.
Alyssa saß unruhig auf dem Boden. Plötzlich war sie sich der Tatsache, dass der Reißverschluss ihres Kleides zu weit unten war, der Rock bis zu den Oberschenkeln hochgeschoben worden war und sie jetzt allein war, sehr bewusst. Während sie so dasaß, versuchte sie, die logistische Seite des Ganzen zu durchdenken. Er würde mit einer Decke zurückkommen. Aber das würde sie unter Druck setzen, von da an alles mitzumachen. Sie hätte das Gefühl, dass sie sich mit allem einverstanden erklärt hätte, was folgen würde, wenn er eine Decke mitbrächte. Die Decke würde den Deal besiegeln. Es würde ihr schwerer fallen, Nein zu sagen.
„Aber ich glaube nicht, dass ich das kann“, murmelte Alyssa in den Wald um sie herum. „Ich bin mir immer noch nicht sicher.“
Allerdings war er ein großartiger Küsser gewesen. Sie hätte nichts gegen einen weiteren Kuss einzuwenden.
Alyssa dachte wieder an diesen Kuss, und es ging ihr besser, aber sie konnte den Knoten des Unbehagens nicht aus ihrem Kopf bekommen. Etwas fühlte sich hier nicht richtig an, und sie wusste nicht, warum.
Es ergab keinen Sinn. Sie versuchte ihr Bestes, um herauszufinden, was es war.
Es half auch nicht, dass