»Das neue Gerät kann fortlaufend präzise Bilder eines Tumors während der Bestrahlung zeigen. Und das ohne zusätzliche Strahlenbelastung«, erklärte Dr. Matthias Weigand begeistert. Er hatte in einer amerikanischen Klinik an der Vorstellung dieses Geräts teilgenommen und war voller Enthusiasmus zurückgekehrt.
Nun saß er im Büro des Klinikleiters in der Besucherecke und reichte Dr. Daniel Norden den Flyer über den Tisch. Die Assistentin Andrea Sander ging durch das Zimmer, um die Unterschriftenmappe abzuholen, die sie vor ein paar Stunden gebracht hatte.
»Danke.« Daniel blätterte durch den bunt bebilderten Prospekt. »Das klingt wirklich sehr verlockend.«
»Untertreibung, dein Name ist Norden«, scherzte Dr. Weigand. »Der Apparat vereint die hervorragende Bildqualität eines Magnetresonanz-Tomographen mit einem Linearbeschleuniger.« Er warf seine ganze Überzeugungskraft in den Ring, um seinen Chef von der Notwendigkeit dieser Anschaffung zu überzeugen. »Dank dieser glücklichen Vereinigung kann ein Tumor unter Beobachtung zielgenau und hochdosiert bestrahlt werden, ohne dass umliegendes Gewebe geschädigt wird. Die Kollegen aus der Onkologie sind meine Zeugen.«
»Das Gerät eignet sich besonders für Tumoren in der Speiseröhre, des Enddarms und im Kopf-Hals-Bereich«, las Daniel laut das vor, was unter einem Foto im Flyer gedruckt stand.
Andrea Sander, die die Unterschriftenmappe auf Vollständigkeit geprüft hatte, klappte sie geräuschvoll zu.
»Aber das klingt doch ausgezeichnet. Warum legen wir uns dieses Ding nicht zu?«
»Sie sind ein Schatz, Frau Sander«, lobte Matthias. »Setzen Sie doch bitte schon einmal die Bedarfsmeldung auf.« Er zwinkerte ihr lustig zu, ehe er den Blick wieder auf Daniel richtete. »Wir wären die einzige Klinik in Deutschland, die diese Technologie anbieten kann.«
»Das ist ja alles schön und gut.« Seufzend legte Dr. Norden den Flyer zurück auf den Tisch. »Leider geht es um viel Geld. Und immer, wenn es ums Geld geht, fangen die Probleme an. Das ist in einer Klinik nicht anders als in einer Familie.« Doch das war nicht der einzige Grund, warum er sich nicht mit Feuereifer auf dieses Projekt stürzte. »Wie inzwischen durchgedrungen sein dürfte, sind die Pläne, die Klinik in ein Gesundheitszentrum zu integrieren, immer noch nicht vom Tisch. Solange Fuchs an diesem Wahnsinn festhält, gibt es auch kein Geld für Neuanschaffungen.«
Matthias Weigand schnaubte unwillig.
»Wir wollen die Menschen heilen, während andere davon träumen, möglichst viel Kapital aus den Krankheiten zu schlagen«, erklärte er bitter.
»Ich bin ganz deiner Meinung«, erwiderte Daniel Norden. Mit einem Blick auf die Uhr erhob er sich. Seine Frau Felicitas und er hatten sich gegenseitig versprochen, an diesem Abend pünktlich zu Hause zu sein. »Trotzdem muss ich dich um vornhme Zurückhaltung bitten. Noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, dass unser geschätzter Verwaltungsdirektor doch noch zur Vernunft kommt und sich gegen die Pläne des Stadtrats stellt. Bis eine endgültige Entscheidung getroffen ist, will ich ihn nicht unnötig reizen.«
»Ich bewundere dein diplomatisches Geschick«, erklärte Dr. Weigand und stand ebenfalls auf. »Aber irgendeinen Grund muss es ja geben, warum Jenny Behnisch ausgerechnet dich zum neuen Herrscher über ihr Reich auserkoren hat.« Er zwinkerte seinem Freund zu.
»Tja, es gehört eben mehr dazu, als Charme, gutes Aussehen und hervorragende medizinische Kenntnisse.«
Matthias Weigand schnitt eine Grimasse.
»Haben Sie gewusst, dass Ihr Chef ein eingebildeter Fatzke ist?«, rief er hinüber zu Andrea Sander, die wieder an ihrem Schreibtisch saß.
In diesem Augenblick betrat Fee die Bühne.
»Das trifft wohl eher auf den geschätzten Kollegen Lammers zu«, wagte sie einen Einwurf. Wieder einmal stand ihr der Ärger über ihren Stellvertreter ins Gesicht geschrieben.
»Was ist passiert? Soll ich dich rächen?« Matthias fuhr zu ihr herum und zückte ein imaginäres Schwert. »Euer Musketier D’Artagnan ist bereit, euch mit seinem Leben zu verteidigen.« Sein Arm wirbelte durch die Luft, und Fee musste lachen.
»Das ist lieb von dir. Aber dieser Tunichtgut ist es nicht wert, dass du für ihn sein Leben aufs Spiel setzt. Er hat nur Glück, dass er ein so großartiger Kinderchirurg ist. Sonst hätte ich ihn längst an die frische Luft gesetzt. Grund genug hätte ich.«
»Darüber unterhalten wir uns auf dem Heimweg.« Daniel tippte mahnend auf seine Armbanduhr. »Wir wollen doch nicht, dass Viola und ihre Tochter vor verschlossenen Türen stehen.«
»Natürlich nicht. Du hast recht.« Felicitas v