: Elisabeth Florin
: Commissario Pavarotti kam nie nach Rom Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960413615
: 1
: CHF 7.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 320
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Düstere Spur in das Südtirol der Nachkriegszeit. Eine deutsche Schriftstellerin und ihr Mann werden in Meran kaltblütig erschossen - es sieht nach einer Hinrichtung aus. Der Fall führt Commissario Pavarotti und seine große Liebe Lissie von Spiegel ins Herz der deutschen Verlagsszene nach Frankfurt. Womöglich hat die Autorin zu intensiv recherchiert: über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Nazis scharenweise auf der 'Rattenlinie' nach Südtirol flohen - mit tatkräftiger Unterstützung höchster Kreise. Wer versucht hier sein Geheimnis mit aller Macht zu schützen?

Elisabeth Florin wuchs in Süddeutschland auf; ihre journalistische Laufbahn begann sie in den 1980er Jahren bei der RAI in Bozen. Von den Menschen in Südtirol und ihrer Geschichte fasziniert, verbringt sie seither viel Zeit in Meran und Umgebung. Sie arbeitete 25 Jahre lang als Finanzjournalistin und Kommunikationsexpertin in Frankfurt am Main.

Unmoralische Angebote


In der Diele warf Lissie ihre Hausschlüssel auf die Kommode und kramte nach dem anderen Schlüssel. Ihre Handflächen wurden sofort feucht, als sie ihn nicht gleich fand. Schließlich stießen ihre Finger am Boden der Tasche auf eine raue Oberfläche. Da war er, der Schlüssel samt Schlüsselanhänger aus Rochenleder, ein schönes Stück in Form einer Schlaufe, die sie allerdings inzwischen als böses Omen empfand.

Das Lämpchen des Anrufbeantworters blinkte. Mit dem Schlüssel in der Hand drückte sie auf Play.

»Hör zu, hier ist Walter, dein Verleger. Bitte ruf mich so schnell wie möglich zurück. Du hast ja meine Mobilnummer. Es geht um Anna Santer.«

Sie war drauf und dran, die Nachricht zu ignorieren, doch dann überlegte sie es sich anders.

Walter Timm war sofort dran. »Liselotte?«

»Ja«, sagte sie mit gereizter Stimme. Sie hasste ihren kompletten Vornamen. Walter wusste das ganz genau und benutzte ihn trotzdem.

Walter Timm war ein boshafter Mittfünfziger mit einem Hang zum Zynismus, mit dem er jeden Schriftsteller ins Visier nahm, egal, ob Bestsellerautor oder einer unter ferner liefen.

Lissie wusste, dass sich Walter im Grunde selbst verachtete, wegen seiner Geschäftstüchtigkeit, die seiner Meinung nach eines Kulturschaffenden unwürdig war. Wie sehr ihn sein Erfolg beschämte, hatte er ihr eines Abends sturzbetrunken auseinandergesetzt, unmittelbar nach Veröffentlichung ihres ersten Romans. Sie war geschmeichelt gewesen, dass er, der bekannte Frankfurter Verleger, mit ihr zur Feier ihres großen Tages einen Scotch trinken wollte. Aus einem wurden fünf, und sie merkte schnell, dass er nur einen Vorwand gesucht hatte, um seinem verhassten Büro zu entfliehen.

Seitdem fühlte sich Lissie im Umgang mit ihm gehemmt und verlegen, obwohl sie davon überzeugt war, dass er sich nicht an diesen peinlichen Abend erinnerte.

»Hast du es schon gehört?«, fragte er statt einer Begrüßung.

»Ja«, sagte Lissie. »Tut mir sehr leid. Anna war eine großartige Schriftstellerin.« Was rede ich denn da, fragte sie sich.

»Ja, ja«, sagte Walter kurz angebunden. »Seit drei Wochen ist unser Herbstprogramm draußen, und die Buchhändler rennen uns die Bude ein mit Bestellungen für ihr neues Buch. Der Roman wird ein Bestseller, darauf kannst du Gift nehmen, vor allem jetzt, wo sie tot ist. Eine halbe Million Exemplare und mehr, und da sind die E-Books noch nicht mit drin. Das letzte Buch einer Kriminalautorin, die das schreckliche Schicksal ihrer Figuren erlitt.«

»Schäm dich, Walter«, sagte Lissie.

Walter Timm kicherte. »Der Heiligenschein steht dir nicht, Liselotte. Du würdest deine Seele verschachern, wenn dir das eine halbe Million verkaufte Exemplare von deinem nächsten Buch einbrächte.«

»War das der Grund deines Anrufs? Mich zu beleidigen?«, sagte Lissie spitz.

»Jetzt krieg dich wieder ein«, sagte Walter. »Wir haben Annas Manuskript nicht. Den Abgabetermin vor zwei Wochen hat sie sausen lassen, aber da klingelten im Lektorat noch keine Alarmglocken. Sie war ohnehin nie die Pünktlichste. Und jetzt ist sie tot, und keiner von uns weiß, wo sie das Zeug abgesp