4
Der Mann bäumte sich auf, mit einem Schrei stieß er ein letztes Mal zu. Jetzt stieß auch Mathes zu, rammte ihm den nadelspitzen Stahl in den Rücken. Und der Lustschrei wurde zum Todesschrei, der kleine Tod zum großen.
Ein Zucken noch und ein Schnarren, als der letzte Atem den Räuber verließ.
Mathes packte die Leiche am Wams, zerrte sie von der Mutter und ließ sie neben dem Ehelager auf den Lehmboden plumpsen. Der Räuber rollte auf den Rücken, in den Augen Erstaunen und im Gesicht Entzücken.
»Lena? Lena! Wo ist Lena?«, schrie die Mutter. Sie sprang auf und brachte ihre Kleider in Ordnung.
Lena! Der Schlafraum der Eltern füllte sich mit Rauch, es knackte, knisterte und fauchte über ihnen.
»Ich hol sie!«, brüllte Mathes. »Du musst raus!«
Er stürzte zurück in die Diele. Brennendes Reet, tödlicher Qualm, höllisches Prasseln. Er bekam keine Luft. Hustend sprang Mathes über seinen toten Vater und vor die Tür, pumpte Luft in seine Lungen und stürzte zurück. Die Leiter nach oben, sie war noch intakt, hinauf in den Rauch, hinein in den fauchenden Rachen des Feuers, den freien Arm vor dem Gesicht, bis in die Kammer unter dem Spitzboden. Er packte das leblose Bündel, zerrte es zur Stiege, rückwärts hinunter, das Bündel hinterher. Eine brennende Dachlatte warf ihn von der Leiter, er landete auf dem Rücken, die Schwester fiel auf ihn, er drehte sich um, auf alle viere, zerrte sie hinter sich her, über den Vater hinweg, wälzte sich über die Schwelle, schnappte nach Luft, keuchte, hustete, versuchte aufzustehen, schwankte.
»Vater, wir müssen ihn …«
»Er ist tot! Fort, fort! Jetzt!«
Mathes packte Lena und sie stürmten um das Haus herum hinunter in das dichte Schilf an der Brack.
Dort warfen sie sich nieder. Alle Häuser brannten. Die Feuersbrunst trieb schwarzen Rauch, brennende Strohwische und Funken hinauf in den grauen Morgenhimmel. Sie hörten das Stöhnen Sterbender und das Geschrei der Angreifer und die mächtige Stimme Ansgars.
»Nach drüben, zum Nordtor, alle zum Nordtor, und fort!«
»Lena, Magdalena, mein Herz, wach auf«, flüsterte die Mutter und schüttelte ihr Kind, zog es aus der schafwollenen Decke, in die es gehüllt war.
Als es endlich die Augen öffnete, warf sich die Mutter über das Mädchen und weinte und lachte und bedeckte es mit Küssen.
Als Mathes seine Hände sah, überfiel ihn der Schmerz. Er teilte das Schilf, kroch durch den Modder hinunter zur Brack und tauchte sie in das dunkle Wasser. Er stöhnte auf.
Plötzlich Stimmen in fremder Sprache.
»Pst«, flüsterte Mathes und duckte sich nieder.
Magdalena schrie. Die rechte Seite ihres Gesichts bedeckte eine rote Wunde, über der sich schon Blasen bildeten. Die Mutter hielt ihr den Mund zu. Zu spät. Die Stimmen näherten sich und bald umrundete ein Pulk fremder Männer in gehörigem Abstand das brennende Haus, den roten Feuerschein im Gesicht, Äxte und Kurzschwerter in den Fäusten. Der Anführer rief einen Befehl, sie schwärmten aus, schon stand einer der Männer vor dem niedergetretenen Schilf und rief die anderen zu sich.
Mathes erhob sich langsam.
Der Mann sagte etwas, was Mathes nicht verstand. Deshalb schüttelte er den Kopf.
Der Mann rief seine Kumpane herbei, und der Anführer, der einen Bart hatte und zottelige Haare, in denen das Grau des Alters zu