: Jürgen Kehrer
: Wilsberg und die dritte Generation Wilsbergs 17. Fall
: Grafit Verlag
: 9783894258382
: 1
: CHF 8.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 205
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Felizia Sanddorn, eine Journalistin, die ein Buch über die dritte Generation der RAF schreiben will, verschwindet spurlos. Ihr Vater wendet sich an Georg Wilsberg und beauftragt den Privatdetektiv, sie zu suchen. Ein Hinweis führt nach New York. Dort trifft Wilsberg eine ehemalige Terroristin, die Wilsbergs Auftraggeber besser kennt, als dieser es wahrhaben will. Recherchiert Felizia in Wirklichkeit die Geschichte ihres Vaters? Und was für eine Geschichte ist das: War der Vater ein überzeugtes RAF-Mitglied oder ein Agent des Verfassungsschutzes? Bevor Wilsberg die Wahrheit herausfinden kann, bekommt sein Auftraggeber eine Kugel in den Kopf. Und der münstersche Privatdetektiv soll den Sündenbock abgeben. Im Deutschen Winter wird Wilsberg klar, dass nicht nur die RAF, sondern auch ihre Jäger Leichen im Keller vergraben haben. Und dass er sich gewaltig anstrengen muss, um mit heiler Haut aus der Geschichte herauszukommen.

Jürgen Kehrer, geboren 1956 in Essen, lebt in Münster. Er ist der geistige Vater des Buch- und Fernsehdetektivs Georg Wilsberg. Neben den Wilsberg-Krimis veröffentlichte er auch historische Kriminalromane und Sachbücher zu realen Verbrechen. Außerdem verfasste Kehrer mehrere Wilsberg-Drehbücher für das ZDF. www.juergen-kehrer.de

I


»Ich soll also Ihre Tochter suchen?«

Sein Blick wanderte von meinem Gesicht zur Tischplatte und wieder zurück. Er leckte sich kurz über die Lippen. »Man hat mir gesagt, dass Sie so was machen.«

»Klar mache ich so was. Ich suche verschwundene Kinder, Ehepartner und Millionen. Allerdings ist immer die erste Frage: Warum gehen Sie nicht zur Polizei?«

Sein Gebiss ähnelte dem eines Pferdes, lange Zähne und viel Zahnfleisch in einem vorspringenden Kiefer. Die hervortretenden, unruhigen Augen verstärkten den animalischen Eindruck. Ich schätzte ihn auf Ende vierzig, etwa mein Alter. Er hatte einen kleinen Buckel und wirkte nicht besonders sympathisch, jedenfalls nicht auf den ersten Blick.

»Sie ist nicht verschwunden. Ich meine, es ist nicht sicher, dass sie in Schwierigkeiten steckt.«

»Aha. Wie alt ist Ihre Tochter?«

»Feli ist vierundzwanzig, nein, fünfundzwanzig.«

»Feli?«

»Eigentlich Felizia. Sanddorn, nach ihrer Mutter.«

Wir saßen imCafé Moca. Er hatte sich am Telefon mit Peter Fahle vorgestellt und ein Treffen in der Innenstadt vorgeschlagen, weil er am Nachmittag wieder mit dem Zug abreisen müsse. Das Café war wie immer voll, wir hatten den letzten freien Tisch auf der oberen Ebene ergattert.

»Sie ist Journalistin.« Er spreizte die Finger beider Hände. »Sie schreibt für ein großes Magazin. Die Redaktion ist in Düsseldorf. Natürlich ist sie häufig unterwegs, auch zu längeren Recherchen. Aber jetzt wissen nicht einmal ihre Kollegen, wo sie sich aufhält. Und ihr Handy ist abgeschaltet.«

»Deshalb machen Sie sich Sorgen?«

»Nicht nur deshalb.« Das Lippenbefeuchten schien eine Angewohnheit zu sein. »Ich weiß, woran sie arbeitet.« Unruhiger Blick zu den Nachbartischen. »RAF, Rote-Armee-Fraktion. Genauer gesagt, die dritte Generation, die, über die man am wenigsten weiß.«

RAF! Mein Gott, wie lange war das jetzt her?

»Sie haben doch mal für einen RAF-Verteidiger gearbeitet.«

Woher wusste er das? Das war, ich überlegte, Anfang der Achtzigerjahre gewesen. Während meiner Referendariatszeit war ich unter anderem in einer Kanzlei linker Anwälte tätig gewesen, zu deren Mandanten ein RAF-Mitglied der zweiten Generation gehörte, einer von denen, die versucht hatten, Baader und Ensslin aus dem Stammheimer Knast freizupressen. Ich hatte den Prozess mit vorbereitet und Botengänge erledigt, auch zu dem Angeklagten, dem eine Beteiligung an der Ermordung von Buback, Ponto und Schleyer zugeschrieben wurde. Der Typ war mir ziemlich auf die Nerven gegangen, bei jedem Besuch hatte er versucht, mich zu agitieren.

»Sie haben sich gut informiert.«

Er fasste das als Lob auf. »Ich hab