2. Nice And Slow
Brooke
Das Licht bricht sich durch die großen Fenster der Wohnung und funkelt auf dem Lake Michigan, als sei er aus purem Gold. Noch ist das Tosen des Windes nicht zu hören, doch die Bäume wiegen sich im Wind des Frühlings. Dieser Nachmittag könnte fast idyllisch sein, würde meine beste Freundin nicht vor mir stehen und mich daran hindern, mein Buch zu lesen.
»Du musst mehr ausgehen«, fährt Juliette mich an und stützt die Hände in die Hüften, als würde sie bereits üben, ihren zukünftigen Kindern die Hölle heißzumachen.
»Ich war doch gerade erst aus«, entgegne ich, ohne auch nur von meinem Buch aufzusehen. Mit meinem grünen Tee, der Kuscheldecke und den gestrickten Socken meiner Großmutter fühle ich mich gerade sehr wohl. Außerdem fällt es mir schon schwer genug, mich mit dem aktuellen Wartemodus meines Lebens abzufinden. Da möchte ich mich nicht noch zusätzlich bestrafen.
»Das war vor zwei Wochen«, schnaubt sie und schüttelt den Kopf, bevor sie sich zu mir auf das Sofa wirft. Es ist eines dieser Designer-Möbelstücke, auf denen man nur eine einzige bequeme Position findet, die aber auf Instagram immer einen guten Eindruck machen. »Du bist doch nicht immer noch deprimiert, weil Mr. Glitter sich nicht gemeldet hat?«
Danke, Juliette. Mitten in die Wunde.
»Nein«, dementiere ich einen Tick zu schnell und knirsche mit den Zähnen. Offenbar hat in meinem Leben gerade das KapitelAblehnung begonnen. Ohne meine beste Freundin anzublicken, blättere ich die Seite um, obwohl ich nicht ein Wort gelesen habe. Das Letzte, was ich möchte, ist, an ozeanblaue Augen zu denken, die mich nicht beachten. Obwohl mich natürlich nicht seine Augen ignorieren. Die können nichts dafür. Der Vollidiot, dem sie gehören, ist das Problem.
Mist.
Jetzt denke ich wieder an ihn, dabei habe ich wirklich keine Lust, mich schlecht zu fühlen, nur weil er dumm genug war, mich sausen zu lassen. Ich bin vielleicht nicht reich, ein Model oder kann es auf sexy Art mit einem Fußboden tun, aber ich bin ein verdammter Hauptgewinn, und wenn er das nicht erkennt, ist er kein Verlust.
»Nein?«, hakt Juliette unbarmherzig wie immer nach.
»Hörst du schlecht?«, frage ich mit einem süßen Grinsen.
»Nicht so schlecht, wie du lügst.«
»Ich werde mich nicht vom nächsten Dach stürzen, nur weil ein Kerl mich nicht anruft«, stelle ich entschieden fest und stecke meine Nase wieder demonstrativ in das Buch.
»Meine Güte, du bist manchmal echt anstrengend.« Juliette rollt mit den Augen, ehe sie sich erhebt und zum Telefon schlendert. »Hat sich inzwischen eine der Unis gemeldet?«
Und zack, die nächste Wunde wird mit Salz bestreut.
»Nein.«
So ist das mit den Träumen. Jahrelang habe ich von nichts anderem geredet, als Geschichte zu studieren und später einmal selbst in Harvard zu dozieren. In meinem Kopf existiert diese starke Frau voller Wissen und Esprit, die nichts lieber tut, als genau dies an junge Menschen weiterzugeben. Doch diese Version meiner selbst ist ein Ideal, das ich vielleicht nicht erreichen kann – und das macht mir verfluchte Angst.
Juliette sieht mich kurz an. Sie scheint abzuwägen, ob es besser ist, dieses Gespräch fallen zu lassen oder mir noch mehr aus der Nase zu ziehen. Dann nickt sie, als hätte sie sich selbst die Antwort auf eine Frage gegeben, die mir verborgen bleibt. Betont gelassen tippt sie eine Nummer ins Telefon.
»Was tust du da?«
»Dadu weiterhin so tust, als seien wir in unseren Fünfzigern, bestelle ich jetzt Sushi und viel zu viel Wein, bevor wir einen Filmmarathon starten«, erwidert sie entschlossen.
Als habe er gehört, dass es ums Essen geht, kommt Tom aus dem Schlafzimmer.
Tom.
Der Inbegriff eines Traummannes.
Gut aussehend, riecht wie ein junger Gott und gibt jedem im Raum das Gefühl, plötzlich etwas kleiner zu sein. Na ja, zumindest gibt er mir dieses Gefühl. Meine beste Freundin strahlt jedes Mal w