Kapitel 1
Joanna
Sechs Wochen zuvor
Dröhnender Gangster-Rap hämmerte durch meinen Kopf und riss mich lange vor meinem Wecker aus dem Schlaf.
Ich schob meine kühlende Augenmaske hoch, doch auch diese konnte nichts gegen den pochenden Kopfschmerz hinter meiner Stirn tun. Mein Zimmer war drückend und warm, es gab keine Klimaanlage. Was zunächst als das Zimmer mit Südausrichtung angepriesen wurde, hatte sich schnell als stickiger Kessel herausgestellt, in dem man die Fenster nur zwischen Sonnenunter- und Sonnenaufgang öffnen konnte.
Noch schlaftrunken richtete ich mich auf und tastete nach meinem Bademantel. Meine Koffer standen noch so gut wie unberührt gegenüber von meinem schmalen Bett – ich hatte die ersten zwei Tage damit verbracht, die Gegend zu erkunden. Was sich als soziales Problemviertel abseits des Hollywood Boulevards herausgestellt hatte.
Hör auf meine Worte, mahnte mich meine Schwester abermals in Gedanken. Es fiel mir schwer, zuzugeben, dass meine Zimmerwahl vielleicht doch etwas extrem gewesen war. Aber das war nichts, was ich nicht mit ein bisschen Deko, einem Haufen Ventilatoren und einer Grundreinigung würde beheben können.
Ich tappte Richtung Küche. Meine Morgenroutine war mir heilig, und diese bestand aus einem halben Liter Zitronenwasser, gefolgt von einer Dusche, fünfzehn Minuten Meditation und einem Eintrag in meinem Affirmationsbuch. So startete ich seit Jahren meinen Tag, es brachte mir Kraft, Kontrolle und Fokus für meine anstehenden Aufgaben.
»Autsch«, flüsterte ich, als ich auf etwas Kantiges trat. Eine halb zerdrückte Cola-Dose lag auf dem Boden, genauso wie eine Pizzaschachtel, um die sich bereits kleine Fliegen scharten. Ich rümpfte die Nase und ging um die verranzte Ledercouch herum.
Meine beiden Mitbewohner, Craig und Homer, scherten sich nicht sonderlich um Sauberkeit. Eigentlich sollte ich es vermeiden, hier ohne Hausschuhe rumzurennen, es schien sich seit Monaten Dreck und Staub in den Ecken des Wohn-Essbereichs anzusammeln.
Ich muss unbedingt putzen, beschloss ich.
Durstig öffnete ich den Kühlschrank, doch meine Wasserkaraffe war verschwunden. Verwirrt kramte ich in dem spärlich gefüllten Kühlschrank und bemerkte, dass mein Jogurt und meine Früchte, die ich gestern eingekauft hatte, ebenfalls nicht mehr da waren.
»Ist das euer Ernst«, murmelte ich und drehte mich um. Ich entdeckte meine Karaffe auf dem zersprungenen Kaffeetisch – voller Zigarettenstummel.
Craig und Homer hatten mein mir heiliges Wasser als Aschenbecher missbraucht.
Ich holte ein paarmal tief Luft.Das wird schon, redete ich mir gut zu.Du kannst dir Wasser auf dem Weg zur Uni holen, genauso wie dein Frühstück.
Statt mein Wasser zu genießen, ging ich also zurück in mein Zimmer, suchte mir meine Duschutensilien zusammen und machte mich auf den Weg ins Bad. Die Haare auf der Toilettenschüssel ignorierte ich, genauso wie die Tatsache, dass das Wasser bloß lauwarm aus dem Duschkopf kam.
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