: Patricia Koelle
: Das Leuchten der Blätter Ein Sehnsuchtswald-Roman | Ein Buch wie Wellness für die Seele
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104917269
: Sehnsuchtswald-Reihe
: 1
: CHF 5.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Wald voller Anmut und Erinnerungen - der dritte Band der Sehnsuchtswald-Reihe von Bestseller-Autorin Patricia Koelle Ava betreibt in Kühlungsborn einen Antiquitätenladen, der ihr einst vererbt wurde. Doch obwohl sie die Arbeit dort nicht erfüllt, scheut sie sich davor, ihren Herzenswunsch nach kreativer Arbeit in die Tat umzusetzen. Aufregender wird ihr Leben, als die temperamentvolle Solvie in ihren Laden stürzt. Denn die hat in Avas Schaufenster ein Symbol entdeckt, hinter dem eine besondere Bedeutung steckt. Gemeinsam reisen die beiden an die Mecklenburgische Seenplatte, um mehr über das Symbol zu erfahren. Die alten Eichen in Ivenack haben es Ava besonders angetan - aus der Umgebung schöpft sie Kraft und Inspiration. Und sie trifft dort auf Peer, der sie ermutigt, ihren Herzenswunsch nicht aus den Augen zu verlieren. Die Romane sind auch unabhängig voneinander ein großer Lesegenuss. Weitere Bücher der Autorin: Die Sehnsuchtswald-Reihe: ?Das Licht in den Bäumen?, ?Das Glück in den Wäldern?, ?Das Leuchten der Blätter?, ?Der Klang des Windes? Die Inselgärten-Reihe: ?Die Zeit der Glühwürmchen?, ?Das Lächeln der Libellen?, ?Die Träume der Bienen?, ?Das Geheimnis der Grashüpfer?, ?Die Hoffnung der Marienkäfer? Die Nordsee-Trilogie: ?Wenn die Wellen leuchten?, ?Wo die Dünen schimmern?, ?Was die Gezeiten flüstern? Die Ostsee-Trilogie: ?Das Meer in deinem Namen?, ?Das Licht in deiner Stimme?, ?Der Horizont in deinen Augen?

Patricia Koelle ist eine Autorin, die in ihren Büchern ihr immerwährendes Staunen über das Leben, die Menschen und unseren sagenhaften Planeten zum Ausdruck bringt. Bei FISCHER Taschenbuch erschienen, neben Romanen und Geschichten-Sammlungen, die Ostsee- und Nordsee-Trilogie, die Inselgärten-Reihe sowie die Sehnsuchtswald-Reihe. ?Flaschenpost vom Leben? ist der erste Band ihrer Glückshafen-Reihe.

2


Ava wollte den leeren Karton gerade entsorgen, als sie in der unteren Ecke noch ein in braunes Tuch gewickeltes Päckchen entdeckte. Vorsichtig hob sie es heraus. Mittlerweile traute sie Onkel Ernst vom Wackeldackel bis zu kostbaren Meißner Sammeltassen alles zu.

Zum Vorschein kam ein breiter hölzerner Rahmen in verblichenen, abgeschabten Blautönen. Meeres- und Himmelsfarben, dachte Ava. Es war ein tiefer Rahmen, eher wie ein Kästchen, und die Front bestand aus Glas, in dem sich ihr Gesicht spiegelte. Sie trug ihren Fund an das Fenster, um erkennen zu können, was sich dahinter verbarg. »Ohhh!«, entfuhr es ihr leise.

Hinter dem Glas lag eine Landschaft, aus Holz geschnitzt, so fein, dass Ava immer neue Details entdeckte. Im Hintergrund befand sich eine sanfte Hügelkette. In ein Tal davor schmiegte sich ein Haus, das sowohl ein kleines Schloss sein konnte als auch ein Gutshaus, mit einigen Türmchen und vielen Fenstern, drum herum eine Handvoll wesentlich schlichtere, winzige Häuser. Dazwischen verlief ein heckengesäumter Weg mit Kurven, auf dem ein Mann mit einem Stock und einem Hund entlangwanderte. Er war nicht größer als zwei Stecknadelköpfe, und doch sah man, wie entspannt er war, und dass er sich an seiner Umgebung erfreute und dort wohlfühlte. Im Vordergrund wuchsen Farne und Büsche, und an der rechten Seite, klar erkennbar an den liebevoll ausgestalteten Blättern, stand eine Eiche. Ihr Stamm war mächtig, und ihre Äste breiteten sich schützend über die ganze Szene bis hin zum anderen Bildrand. Der Wanderer, so wirkte es, steuerte gemächlich darauf zu und würde sich bestimmt später am Fuße dieses Baumes ausruhen, den Rücken gegen die gefurchte Borke gelehnt. Er würde zufrieden auf seinen Weg zurückblicken und vielleicht auf das Haus, in dem er wohnte, hinter einem der vielen Fenster mit den haarfeinen Fensterkreuzen.

Der Hintergrund bestand aus braunem Pergamentpapier, alt und verblichen, darauf waren mit zartem Federstrich ein paar fliegende Vögel angedeutet, winzig in der Ferne, frei über dieser Landschaft, die alt war und doch so unverbraucht erschien, als wäre sie gestern erst gefertigt worden. Vielleicht von jemandem mit Heimweh.

In der Abendsonne warfen die Blätter, Äste, Hecken und sogar der Wanderer filigrane Schatten, und wenn Ava sich bewegte, wirkte dadurch alles lebendig. Sie glaubte, den Wind in den Eichenblättern rascheln zu hören. Gleich würde eines heruntersegeln, zu dem Wanderer auf dem Weg, und vom beginnenden Herbst erzählen …

 

Ava starrte auf die kleine, friedliche Welt im Glaskasten und musste schlucken. Sie wusste nicht, was an dieser schlichten und doch meisterhaften Darstellung sie so tief berührte, dass sie den Rahmen am liebsten nicht mehr loslassen wollte. Und warum sie den winzigen Wanderer beneidete und eine plötzliche schmerzliche Sehnsucht spürte, die an ihrem Innersten zerrte.

Ganz hinten unten in der Ecke des Hintergrunds entdeckte sie die Signatur des Künstlers. E. F. Hatte jener Onkel Ernst selbst das Kunstwerk geschaffen, hatte er es einst als kostbare Erinnerung von irgendwoher mitgenommen, oder war es das Geschenk einer Liebe gewesen? Sie würde es nie herausfinden, doch das machte nichts. Das Bild sprach für sich, es war eine eigene Miniaturwelt, die in sich ruhte und sich selbst genügte. Sie benötigte keine Geschichte. Sie besaß eine zeitlose Gültigkeit fern aller äußeren Umstände.

Ava trug den unvermuteten Schatz, der bestimmt materiell nicht wertvoll war – sonst hätte Frau Bleichstieg es mit Sicherheit gewusst –, hinauf in ihre enge Wohnung im oberen Stock. Sie würde dieses Kunstwerk auf keinen Fall verkaufen. Niemals. Den Grund konnte sie nicht benennen, aber sie spürte e