: Geri G
: Felix 2
: Tredition
: 9783347687745
: 1
: CHF 3.20
:
: Vorlesebücher, Märchen, Sagen, Reime, Lieder
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Felix 2 Teil 2. Felix verschlägt es mit seiner Familie in den großen Ferien an die Nordsee-Küste. Der idyllische Ort war wie geschaffen dafür, sich zu erholen und die freie Zeit zu genießen. Doch seine Spürnase bringt den 14-Jährigen nach und nach auf die Spur merkwürdiger Vorkommnisse im nahegelegenen Leuchtturm. Die Einwohner im Ort scheinen etwas zu verschweigen und so muss der Junge Eigeninitiative ergreifen, um hinter das mögliche Geheimnis des Leuchtturms zu kommen.

Kapitel 2

Endlich war das Hotel in Sichtweite. Die Verspätung hielt sich mit zwei Stunden dann doch ziemlich in Grenzen. Das Hotel sah von außen irgendwie aus wie ein großes, mehrstöckiges Einfamilienhaus, nur das große Schild an der Fassade verriet, dass sie hier richtig waren: Bude53. Den Parkplatz hatten sie gleich mitgebucht. Herbert war froh endlich da zu sein, denn die Fahrt war anstrengender gewesen als angenommen, auch wenn die Familie zum ersten Mal hier Urlaub machte und er die Strecke auch zum ersten Mal fuhr. Die Eltern hatten sich auf der langen Fahrt am Lenkrad mehrmals abgewechselt, aber er brauchte nachher dringend eine Dusche und dann eine kleine Brotzeit auf´m Zimmer, es war ja inzwischen fast 17.00 Uhr an diesem Tag. Am nächsten Morgen konnten sie dann das Hotelfrühstück genießen.

Das Gebäude wirkte auf den ersten Blick neu und modern, auf den zweiten auch. Der Wohn-Fühl-Faktor erhöhte sich, als der Mann an der Rezeption ihnen mitteilte, dass hier die kleine Lobby nicht Lobby, sondern Wohnzimmer heiße. Außerdem hießen die Zimmer auch nicht Zimmer, sondern Buden und die Bude53 hieß Bude53, weil das Hotel ortsmäßig auf dem 53. Grad nördlicher Breite lag. Die hellen Wände waren oft mit farbig lackierten Brettern versehen, in leichtem Grün, Blau, Rot und Gelb. Zimmer, pardon, Buden gab es insgesamt 20 in sieben verschiedenen Kategorien. Die Kategorie „Familienbude“ war für Felix und Co wie gemacht und sie waren angenehm überrascht, wie viel Platz dort geboten wurde. Das Sterne-Hotel wirkte von außen eher klein. Noch überraschter waren sie, als sie gerade beim Kofferauspacken von zwei älteren Menschen mitsamt Hund persönlich begrüßt wurden und diese sich als Gastgeber-Ehepaar Waldmann vorstellten, ihnen dabei einen angenehmen Aufenthalt wünschend. „Ich hoffe, es gefällt ihnen hier“, sagte die weißhaarige Dame mit Vornamen Hannelore. „Wir sind die Besitzer dieses schmucken, kleinen Hotels, haben das Ganze vor einem Jahren komplett renovieren lassen. Sie können es sich nicht vorstellen, wie es vorher hier aussah.“ „Das haben Sie aber toll hingekriegt“, wie Herbert anmerkte. Auch Ingrid und die Söhne lobten die bemerkenswerte Ausstattung der Anlage. „Vielen Dank“, jetzt redete zum ersten Mal auch Edwin Waldmann, sozusagen Hannelores Alter Ego und der Hund, der den unoriginellen Namen Bello bekam, ließ es sich dabei nicht nehmen, mit einem lauten Bellen im Sitzen die neuen Gäste willkommen zu heißen. Bello war ein Golden Retriever und für seine Rasse ungewöhnlich alt: Zehn Jahre, wie die Familie von den Waldmanns erfuhr. Edwin war etwas kleiner als seine Frau, auch etwas dicklicher, hatte ebenfalls weißes Haar und einen ebenso weißen Walross-Schnauzbart. Beide hatten lässige Kleidung an, der Sommerzeit angemessen. „Ich empfehle euch das morgige Sektfrühstück im Nebengebäude, für die Kinder gibt’s natürlich heiße Schokolade“, fuhr Edwin fort. „Und viel Spaß hier an der Nordsee, ihr habt gutes Wetter erwischt!“ Die beiden empfahlen sich, wollten die Familie auch nicht länger beim Auspacken stören und kümmerten sich wieder um ihr Hotel ein Stockwerk tiefer.

Nachdem alles weitestgehend in den Schränken verstaut war, holten die Eltern noch den letzten Rest Brotzeit hervor, den sie in Tupperdosen aufbewahrt hatten. Das ging schneller, vielleicht würden sie auch noch Essen gehen, aber das musste erst noch mit den Söhnen besprochen werden. Im Hotel gab es erst morgen wieder was zu futtern. Der Papa hatte sich vorhin an der Rezeption noch einen Info-Flyer geben lassen, in dem viele Freizeitaktivitäten der Region aufgelistet waren. Eine fiel ihm dabei besonders ins Auge: Strandsegeln. Aber auch das musste noch besprochen werden. Ingrid drapierte erstmal alle Tupperdosen auf dem gemeinsamen Esstisch der Familienbude und begutachtete jeden noch verbliebenen Inhalt kritisch, während sich Herbert schnell im Bad verkrümelte. Das Duschen war nach rekordverdächtigen fünf Minuten erledigt, die anderen wollten noch damit warten. „Das Abendbrot fällt etwas mager aus“, Ingrid war selbst nicht damit zufrieden. Ein paar belegte Brote und für jeden einen Apfel, das war´s. „Wir sollten doch noch wohingehen“, regte Herbert an, der seine noch feuchten, orangebraunen Haare einfach schnell nach hinten gekämmt hatte und sich im flauschigen, hellblauen Bademantel gerade an den Tisch setzte. „Und wohin?“, wollte die Mama wissen und biss in den rotbackigen Apfel. „Hier, ich hab´ da was in der Info-Broschüre entdeckt: Strandbar 53 Grad Nord.“ „Strandbar? Wir wollen doch keine Cocktails schlürfen!“ „Nein, schon klar. Die Strandbar ist ein vollständiges Restaurant. Sieh doch!“ „Okay.“ Ingrid war erst beim Blick in den Flyer überzeugt, dort Essen zu gehen. Auch Felix und Max waren einverstanden, die etwas lustlos auf ihren Wurstbroten herumkauten. Beide hatten irgendwie Appetit auf Schnitzel.

Nachdem sich alle ausgehfertig gemacht hatten, ging es mit ausgeliehenen Elektro-Fahrrädern an diesem warmen Sommerabend zum Restaurant, das knapp drei Kilometer entfernt war. Die Pedelecs waren klasse, unterstützten das Treten mit einem 250-Watt-Motor bei einer Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h. Die Fahrräder sahen nicht besonders spektakulär aus, waren weiß lackiert und hatten dünne, schwarze Reifen mit schwarzen Speichen. Typische Trekking-Räder eben, die Max und Felix lieber gegen stylische Custom-Bikes eingetauscht hätten. Aber die gab´s beim Verleihservice leider nicht. Durch die Elektro-Unterstützung schafften sie die Strecke in acht Minuten. Auf dem Strandweg konnten sie dann das Restaurant schon von weitem sehen, lag es doch originellerweise auf Holzpfählen gebaut quasi im Watten-Meer. Nachdem die Familie ihre E-Bikes abgestellt hatte, ging es erstmal einen langen Holzsteg entlang zum Gebäude mit angebauter Terrasse und einem kleinen Sonnendeck. Es herrschte gerade Ebbe und so konnte man weit hinaus auf das Watt blicken. Eine leichte Meeresbrise mit salziger Luft vermischte sich mit Essensduft aus dem Restaurant und kroch verführerisch in die Nasen der Ankömmlinge. Ein paar Seemöwen schienen die Vier über ihren Köpfen hinweg mit Lauten zu begrüßen. Sie hatten Glück. Etwa in der Mitte der Außenterrasse mit den weißen Sitzbänken und Tischen waren noch Plätze für sie frei, ansonsten war das Lokal gut besucht. Das Personal hatte ordentlich zu tun und tat sein Bestes, die Kundschaft zufrieden zu stellen. Leise Clubsound-Musik lief im Hintergrund, die in regelmäßigen Abständen überlagert wurde vom Geplauder der Gäste. Herbert und Ingrid gönnten sich als Hauptgericht Matjes mit Bratkartoffeln, dazu jeweils bunte Blattsalate der Saison mit gegrillten Steakstreifen und Balsamico-Dressing, zum Trinken gab´s einen hochprozentigen Jubiläumsaquavit. Felix und Max hatten keinen Bock auf Fisch, die Mahlzeit musste unbedingt mit Fleisch zu tun haben. Da es aber nicht wie erhofft Schnitzel auf der Speisekarte gab, fragten sie bei den Eltern nach, was denn das gegrillte Oldensworter Entrecôte sei. Das klang zumindest lecker und es musste auch gegrillt werden. Könnte hinhauen! Da es die Eltern auch nicht wussten und nur Vermutungen anstellen konnten, wurde der Kellner um Rat gefragt. Dieser gab sachkundig Auskunft: „Das Entrecôte ist ein Steak aus dem Zwischenrippenstück des Rinds und aus der Region. Sehr zu empfehlen!“ Felix versuchte vorher seine Lateinkenntnisse anzuwenden, kam aber über das „Zwischen“ bei „Entre“ nicht hinaus. Hier wäre doch besser Französisch-Wissen angebracht gewesen, auch wenn Latein an dieser Stelle eine gute Grundlage war. Erst jetzt fiel ihm das lateinische Wort für Rippe wieder ein. Er war wohl schon müde, sein ansonsten scharfer Verstand arbeitete nur im Verzögerungsmodus. Während er noch nachdachte, gaben die anderen schon ihre Bestellungen auf. „Lateinisch: inter, Französisch: entre; Lateinisch: costa, Französisch: côte, ergibt zusammen übersetzt das Wort: Zwischenrippe.“ Felix grinste sich eins und war mit sich zufrieden, weniger zufrieden war allerdings der Kellner, der ihn von oben herab ungeduldig ansah und endlich seine Bestellung aufnehmen wollte. „Oh, ´tschuldigung! Das Gleiche wie mein Bruder, bitte!“ Der Mann stapfte etwas grantig in Richtung Küche und hätte dabei fast eine ältere Dame übersehen, die gerade aus dem Innenraum auf das Sonnendeck zusteuerte. Jetzt ärgerte sich Felix über sich selber, war es doch sein Zögern, dass den Mann dazu veranlasste, sich mehr beeilen zu müssen. Schließlich warteten noch andere Gäste auf ihr Essen. Sein Ärger verflog jedoch schnell. Nachdem die Hauptspeise verputzt war, genehmigten sich alle vier noch ein Dessert: Waffeln mit heißen Zimtpflaumen. Echt lecker! Während sie so dasaßen und ihre Waffeln verspeisten, kam Herbert auf die Sache mit...