Al dente und ohne Löffel – oder - Die brasilianische Connection
„Setz dich auf deinen Koffer und warte auf mich! Setz dich drauf und steh auf keinen Fall auf!“ Paolos Stimme klang drängend und ich folgte der Anordnung – umso mehr, als sie auf Französisch erteilt wurde und ich dies erst einmal verstehen musste. Auch weil ich nach 24 Stunden Zugfahrt einfach zu müde war, um zu fragen oder gar zu widersprechen. Hier mitten auf dem Platz vor Roma Termini, dem Hauptbahnhof von Rom.
Aber fangen wir besser vorne an!
Paolo hatte ich in meinem Heimatort kennengelernt. Jedes Jahr im Sommer kamen brasilianische Studenten, die in Rom katholische Theologie studierten, für einige Wochen in unsere Stadt. Dort wurden sie von einigen Familien aus unserer Gemeinde aufgenommen und beherbergt. Regelmäßig arbeiteten sie in einer großen Firma während ihrer Ferien, um sich etwas Geld zu verdienen und das nächste Semester besser finanziell überstehen zu können. Denn meistens stammten sie aus weniger begüterten brasilianischen Familien. Zwar konnte bei uns zu Hause aus Platzmangel niemand aufgenommen werden. Aber ich gehörte mit zu der Gruppe Jugendlicher, die sich regelmäßig in der Freizeit um die Brasilianer kümmerte.
So hatte ich auch Paolo kennengelernt. Der hatte gerade mich wohl etwas mehr in sein Herz geschlossen, da er sich fast nur mit mir ausführlich unterhalten konnte. Er konnte nämlich kein Deutsch und kaum Englisch, dafür aber Französisch. Außer mir gab es da in unserem Kreis niemanden, der dies ausreichend beherrschte. Als er sich nach 3 Monaten verabschiedete, lud er mich deshalb für das kommende Jahr nach Rom ein – eine Chance, die ich mir nicht entgehen lassen wollte.
Zum Glück war dies die Anfangszeit des Interrail-Tickets, mit dem man 4 Wochen für 145 DM mit der Bahn durch ganz Europa fahren konnte. Die einzige Möglichkeit für mich, eine solche Reise überhaupt finanziell zu realisieren. Zur damaligen Zeit für mich durchaus ein kleines Abenteuer.
So war ich also nun gerade in Rom angekommen, saß auf dem Bahnhofsvorplatz aus mir unbekannten Gründen auf meinem Koffer und suchte im Gewimmel der Menschen nach Paolo. Der war nämlich verschwunden. Ich hatte nur seinen Namen, noch nicht einmal eine Adresse, und begann, mir schon die ersten Sorgen hinsichtlich des weiteren Vorgehens zu machen, als er endlich wieder auftauchte. Nach einer herzlichen Begrüßung gab er mir zu verstehen, dass das Sitzen auf dem Koffer verhindern sollte, dass mir derselbige gestohlen würde. Was gerade an diesem Ort wohl gang und gäbe sei bei Leuten, die touristisch aussähen. Jetzt habe er seinen Freund angerufen, der uns abholen würde. (Wohlgemerkt, es gab damals noch kein Handy, deshalb hatte er zur nächsten Telefonzelle gehen müssen.) Sein Freund sei übrigens Amerikaner. Mir klingelten die Ohren und ich fühlte mich wie in der großen Welt: Eingeladen nach Rom von einem Brasilianer und jetzt chauffiert von einem Amerikaner. Für einen 20-Jährigen aus einer Kleinstadt im Rheinland zur damaligen Zeit schon die ganz große Nummer.
Eigentlich könnte ich jetzt viel mehr schreiben von den folgenden zwei aufregenden Wochen, in denen ich unglaubliche Gastfreundschaft erfuhr, viele Menschen aus allen Teilen der Welt kennenlernte. Trotz ihres Theologiestudiums waren die viel lockerer „drauf“, als ich es