Prolog
Sky biss die Zähne zusammen, als er auf die übel zugerichteten, blutverschmierten Überreste der Frau herabsah, die jahrzehntelang der Erzfeind gewesen war. Nur widerwillig hatte sie irgendwelche Einzelheiten preisgegeben – über das Tunnelsystem, über die Mitglieder der Sekte oder überhaupt irgendetwas. Sky drehte sich der Magen um bei ihrem Anblick. Die Erinnerung an ihr sardonisches Lachen machte ihn ganz krank.
Zusammen mit Rafe, einem Ein-Meter-Neunzig-Pantherwandler, hatten sie die Informationen, die sie benötigten, aus ihr herausgeholt. Sky besaß einen kräftigen Magen, aber Rafe, der schwarzäugige Teufel, hatte ihm Schrecken gezeigt, die sogar er kaum mitansehen konnte. Langsam, Zentimeter für Zentimeter hatte Rafe die Haut von ihrem fetten Körper geschält. Ihre entsetzlichen Schreie waren in dem schalldichten Raum, der eigens für diesen Zweck eingerichtet worden war, unbeachtet verhallt.
Sky hatte seine Fragen gestellt, hatte ein wahres Trommelfeuer von Fragen auf sie losgelassen, als würde er eine Keule schwingen. Aber Rafe war derjenige, der die Werkzeuge seines grausigen Handwerks eingesetzt hatte. Skalpelle, Zangen, einen Bunsenbrenner und Rasierklingen – alle vier Elemente der Folter waren in diesem Raum brutal zum Einsatz gekommen, mit verheerender Wirkung. Und jetzt lag Colleen, eine Frau, die schon vor Jahren ihre Seele verkauft hatte, zerstückelt vor ihm.
Sky schämte sich nicht für seine Mitwirkung an ihrem Tod. Er bedauerte lediglich, dass sie nicht noch ein wenig länger gelebt hatte, bevor ihr Herz versagte. Die Stromstöße am Ende waren zu viel für sie gewesen, und sie war innerhalb weniger Sekunden gestorben. Sky trat gegen ihren Leichnam und verzog angewidert das Gesicht.
Rafe, der sich gerade gründlich die Hände wusch, schaute zu ihm herüber. Mit ausdruckslosem Gesicht schrubbte er sich Blut und menschliches Gewebe von der Haut.
„Geht’s dir jetzt besser? Sie wird niemandem mehr wehtun.“ Dann nickte Rafe zu ihrem anderen Gast hinüber, einem Wolfswandler namens Rick. Der Penner hatte nicht einmal so lange durchgehalten wie Colleen. Die beiden hatten einen Wanderzoo betrieben, mit dem sie durch die Staaten Wyoming, Idaho, Montana und bis hinunter nach Texas gezogen waren. Sie hatten minderjährige Gestaltwandler gefangen gehalten – manche waren junge Ausreißer, aber die meisten hatten sie direkt aus ihren Elternhäusern entführt. Die Jugendlichen wurden gnadenlos ausgebeutet. Sobald sie für den Wanderzoo nicht mehr von Nutzen waren, wurden sie entweder für die Zucht missbraucht oder zu einer Ranch weiter oben im Norden gebracht, wo sie als Beute für die Trophäenjagd endeten. Oder man ließ sie einfach in ihren dreckigen Käfigen verhungern.
Sky war ein Hundewandler. Seine Tiergestalt war die eines afrikanischen Wildhundes. Das Wandlervirus wirkte bei Hundeartigen ein wenig anders, denn es wurde von den Eltern an ihre Nachkommen vererbt. Ihre katzenartigen Vettern hingegen mussten damit infiziert werden, und nur ganz bestimmte Individuen hatten die Fähigkeit, das Virus zu übertragen.
Skys Familienmitglieder waren Colleens und Ricks Geiseln gewesen. Durch brutale Drohungen hatten sie jede Gegenwehr im Keim erstickt – eine unsichtbare, aber effektive Leine. Als Skys jüngster Bruder der Sekte den Gehorsam verweigerte, hatten sie an ihm ein Exempel statuiert und ihm auf der Trophäenranch bei lebendigem Leib das Fell abgezogen.
Trotzdem hatte auch keiner der anderen Brüder mehr gehorchen wollen, nachdem sie den Geruch ihres potenziellen Gefährten aufgenommen hatten, eines jungen Mannes namens Jace Holloway. Die Sekte hatte Jace entführt, um ihn als Versuchskaninchen zu missbrauchen, und seine Eltern wurden ermordet, als sie einschreiten wollten. Die Sekte hatte Jace eine Mixtur aus experimentellen Drogen, Wandler-DNA und jeder Menge anderer undurchsichtiger Bestandteile in die Venen gepumpt. Als