: Martin Mosebach
: Ruppertshain Roman
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423400923
: 1
: CHF 11.60
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Sie hatte die Vertreibung aus Böhmen hinter sich, sie war die Mutter eines chaotischen Sohnes, und sie hatte dreißig Jahre lang den täglichen Drahtseilakt einer Ehe mit Heinrich und einer Liaison mit Albrecht bewältigt.« »Sie hatte die Vertreibung aus Böhmen hinter sich, sie war die Mutter eines chaotischen Sohnes, und sie hatte dreißig Jahre lang den täglichen Drahtseilakt einer Ehe mit Heinrich und einer Liaison mit Albrecht bewältigt.« Nun wartet Antonia, die mit fünfzig noch immer attraktiv und schön ist, mit einer Handvoll Menschen auf das Ableben ihres todkranken Mannes. Die Monate vergehen, doch in der weißen Villa in Ruppertshain im Taunus herrscht eine merkwürdige Art von Stillstand. Um so mehr sind seine Bewohner erschüttert, als das erwartete Ereignis tatsächlich eintritt - und ihnen eröffnet wird, daß Haus und Park zutiefst verschuldet sind. Und schon werden aus alten Freunden Feinde, lauern die Finanzhaie darauf, den Besitz des ehemaligen Frankfurter Bankiers zu parzellieren und gewinnbringend zu vermarkten. Antonia aber weiß sich zu wehren.

Martin Mosebach, geboren 1951 in Frankfurt am Main, war zunächst Jurist, dann wandte er sich dem Schreiben zu. Seit 1983 veröffentlicht er Romane, dazu Erzählungen, Gedichte, Libretti und Essays über Kunst und Literatur, über Reisen, auch über religiöse, historische und politische Themen. Über die Jahre erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, etwa den Kleist-Preis, den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, den Georg-Büchner-Preis und die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt. Er ist Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung, der Deutschen Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Zuletzt veröffentlichte er den Roman »Taube und Wildente«. Er lebt in Frankfurt am Main. 

 

Ivanovich konnte den Tag nicht mehr bestimmen, an dem er begonnen hatte, seinen Vater mit anderen Augen anzusehen. Irgendwann, ob er erst zehn oder schon fünfzehn Jahre alt war,wurden Heinrich und seine begeisterte Zutunlichkeit ihm lästig. Heinrich sah lange nicht, was geschehen war. Er konnte nicht verstehen, daß Ivanovich, der es so viele Jahre lang genossen hatte, wenn man einen Gast ins Schwimmbecken warf, jetzt ein Gesicht dazu schnitt und mit den Händen in den Hosentaschen wegging. Das Schlimmste für Heinrich war, daß ihn sein Sohn nicht einmal eines richtigen Aufstandes für wert erachtete und daß er einfach stehengelassen wurde wie ein langweilig gewordenes Spielzeug.

Heinrich fiel ein, wie er mit dem dreijährigen Ivanovich spazierengegangen war. Einmal begegneten sie einer jungen Frau mit ihrem kleinen Kind, so alt wie Ivanovich. Das Kind hielt eine blaue Ente an sein Herz gedrückt. Kaum hatte Ivanovich die Ente gesehen, begann er zu brüllen, sein Gesicht wurde zornrot wie bei einem Anfall, denn se