I: Ein verrückter Hund (Ember)
Gerade bin ich ziemlich verwirrt.
Heute ist mein erster Tag im neuen Job, und ich habe bereits drei Tiere gesehen, die überhaupt nicht krank waren.
Ich meine, das freut mich natürlich – ich kann es ja nicht ausstehen, wenn Tiere Schmerzen haben; das ist auch einer der Gründe, warum ich Tierarzthelferin geworden bin.
Trotzdem ergibt das irgendwie keinen Sinn.
Keiner der Patienten hatte eine Routineuntersuchung oder Impfauffrischung nötig, und auch sonst liegt keine der Ursachen vor, wieso man üblicherweise mit einem gesunden Tier zum Tierarzt geht.
Dennoch ist jede – und ich meine wirklichjede – der ausschließlich weiblichen Besitzerinnenwahnsinnig besorgt wegen Mr. Luckys Gicht, Maunzis Magenverstimmung oder sonstiger Wehwehchen. Und jedes Mal stellt sich heraus, dass nichts ist.
Also, genau genommen habe ich hier ein Wartezimmer voller Frauen mit dicken, zufriedenen Katzen, Hunden, Vögeln – sogar einer Eidechse -, die sich alle bester Gesundheit erfreuen.
Während ihre Frauchen darauf hoffen, jemand anderen zu sehen als mich.
Dementsprechend ist die Dame, die gerade wartet, dass ich die Untersuchung ihres Bernhardiners beende – der sich offensichtlich einen imaginären Splitter eingetreten hat -, dann auchsehr enttäuscht darüber, dass ich nicht der richtige Doktor bin, wegen dem sie hergekommen ist. Ich würde ja sagen, Arielle Christianson ist eine ziemlich nervige Kundin, aber verglichen mit den zweien, die vor ihr dran waren, ist sie noch harmlos.
Immerhin hat sie mich bisher erst dreimal gefragt, wanner denn endlich in die Praxis komme.
Dr. Caldwell.
In Heart’s Edge von jedem »Doc« genannt. Ich glaube nicht, dass hier irgendjemand seinen Vornamen kennt, und ich bezweifle, dass er ihn mir nennen würde, wenn ich den Mut besäße, ihn danach zu fragen. Er ist echt der seltsamste Mann, der mir je begegnet ist – zumindest den zwei Sekunden nach zu urteilen, die ich bis jetzt mit ihm gesprochen habe.
Hatte ich schon erwähnt, dass diese Situation hier irgendwie seltsam ist?
Vielleicht kapiere ich es ja auch einfach nur nicht.
Aber es leuchtet mir nun mal nicht ein, wieso man sein Haustier in eine Transportbox setzt und es quer durch die Stadt fährt, wenn doch die Chance denkbar gering ist, mit dem – zugegebenermaßen sehr heißen - Tierarzt zu flirten.
Na, jedenfalls ist die halbe weibliche Einwohnerschaft der Stadt hier, um einen Blick auf ihn zu erhaschen.
Gott. Ich komme mir vor, als wäre ich in einer Staffel vonDer Bachelor gelandet, allerdings nicht als Kandidatin.
Ich bin eher eine Kameraassistentin oder so was und schaue den Damen mit einer Art ungläubiger Faszination dabei zu, wie sie versuchen, die Aufmerksamkeit des begehrtesten Junggesellen von Heart’s Edge auf sich zu ziehen.
Ich dagegen versuche, mich nicht zu auffällig zu verhalten, als die Tür zum Behandlungszimmer aufgeht und Doc energischen Schrittes hereinkommt.
Er ist groß. Ohne Übertreibung. Ehrlich, er ragt so hoch auf, dass es schon irgendwie einschüchternd wirkt.
Außerdem hat er diesen fast militärischen Gang und Schultern, die bald die Nähte seines Arztkittels sp