: Adrian Doyle
: Vampira - Folge 03 Besessen
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838712741
: Vampira
: 1
: CHF 1.60
:
: Horror
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Nur knapp ist Lilith ihren Verfolgern entkommen - um vom Regen in die Traufe zu geraten. Denn als Zwitterwesen, halb Mensch, halb Blutsauger, muss sie nicht nur die Vampire fürchten.

Ihre Zuflucht in höchster Not ist eine Kirche. Vor dem Priester bricht sie zusammen. Pater Lorrimer erkennt sofort, was für ein Wesen da vor ihm liegt. Und er fasst einen folgenschweren Entschluss: durch einen Exorzismus ihre verderbte Seele zu retten.

Er ahnt nicht, welche Mächte draußen vor dem Tor lauern, als er den jungen Priester-Aspiranten Duncan Luther losschickt, die nötigen Utensilien zu besorgen.

Und das Unheil nimmt seinen Lauf...

"(S. 57-58)

Duncan Luther zog den Dolch unter dem Hemd hervor. Er hatte Lorrimers Beschwörung von Anfang an belauscht. Er hatte den für sein Vorhaben günstigsten Zeitpunkt abwarten wollen. Die Befehle, die in seinen Schläfen flüsterten, waren unmissverständlich. Töte das Balg! Töte die Tochter der Hure! Ohne bewusst zu erkennen, wie fremdbestimmt er handelte, war Duncan dem Pater in den Keller des Anbaus gefolgt. Er kam nicht zum ersten Mal hier herunter. Lorrimer hatte ihm als eine seiner ersten»Amtshandlungen« aufgetragen, in den Gewölben, die so alt wie die Kirche selbst waren– rund hundertfünfzig Jahre– Ordnung zu schaffen.

Zwischen modrigem Staub, Spinngewebe und Ratten hatte Duncan Räume ausgefegt und»Unentbehrliches« katalogisiert, um anschließend mit Lorrimer durchzugehen, was zum Müll gegeben werden konnte. Nichts. Der Geistliche hatte sich bis heute noch von keinem noch so unsinnigen Stück getrennt. Dass es sich bei der Duncan gestellten Aufgabe um bloße Schikane gehandelt hatte, stand seither unausgesprochen zwischen ihnen. Der Priesteranwärter dachte kühlüber dies und das nach, während er sich versteckt hielt. Das nervenaufreibende Treiben des Paters, die Pein seiner Gefangenen und der gespenstische Vorgang, als die Kleidung der Frau von ihrem Körper floh, prallten an ihm ab. Er hatte kein Mitleid mit ihr.

Er hatte auch keines mit dem Pater. Unbewusst wog er den hölzernen, mit Einkerbungen und christlichen Symbolenübersäten Dolch in der Hand. Er war leicht. Nichts Besonderes haftete ihm an. Jedenfalls nichts, was Duncan wahrzunehmen imstande gewesen wäre. Als das Unerklärlicheüber Pater Lorrimer herfiel, sah Duncan Luther den Zeitpunkt zum Einschreiten gekommen. Ohne zuüberlegen, wie er vorgehen sollte, drang er in den Raum ein. Er achtete nicht eine Sekunde auf den geknebelten Priester, sondern schritt geradewegs auf die Gefangene zu. Dass sie nackt und wehrlos war, berührte vielleicht tief in Luthers Kern etwas. Aber nicht den Dolch, der ihm von den Vampirenüberlassen worden war. Das Wispern im Kopf lenkte Duncan wie einen Schlafwandler.

Töte das Balg! Töte die Tochter der Hure… Lilith haderte mit sich, obwohl sie im letzten Moment ihrer Pfählung entronnen war. Aber was das Ding, hinter dem sich nichts anderes als das Mimikrykleid ihrer Mutter verbergen konnte, dem Priester antat, war nicht gutzuheißen.»Aufhören!«, schrie sie mit aller verbliebenen Kraft.»Sofort– aufhören! Ich will das nicht…!« Es hörte nicht auf. Immer noch schmiegte sich die verhängnisvolle, schuppenschillernde»Kappe« um den Kopf des Geistlichen.

Lilith zerrte an ihren Fesseln. Die Einflüsse ihres Gefängnisses lähmten sie nach wie vor, sonst hätte sie es sich zugetraut, sich von den Klammern um Arme und Beine und von dem Halsring zu befreien. So aber musste sie scheitern.»Ich will das nicht!« Die Gegenwehr des Priesters erlahmte nun rapide. Aus dem Augenwinkel war eine andere Bewegung wahrzunehmen. Lilith glaubte zunächst an eine Sinnestäuschung. Doch es entpuppte sich als real. Ein ihr fremder junger Mann stürmte in den Kellerraum– und kam unbeirrt auf sie zu. Seine Hand umklammerte stoßbereit einen Dolch, von dem schon aus der Ferne etwas Angsteinflößendes auf Lilithübersprang."