: Thomas Hesse, Renate Wirth
: Hasenfuß Niederrhein Krimi
: Emons Verlag
: 9783960419204
: 1
: CHF 3.50
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 288
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Krimi mit Witz, echten Charakteren - und einem Fall, der ans Herz geht. In Wesel wird eine ältere Dame tot aufgefunden - zehnmal wurde auf sie eingestochen, doch nur der letzte Stich war tödlich. Ein Verdächtiger ist schnell gefunden: Victor van Beversen, der deutlich jüngere Liebhaber der Frau. Der Verdacht gegen ihn erhärtet sich, als sich herausstellt, dass er ein gewiefter Heiratsschwindler ist. Doch wieso sollte er einer seiner Frauen, die er liebevoll seine »Hasen« nennt, etwas antun? Sie machen doch alles für ihn. Oder liegt gerade hier das Problem?

Thomas Hesse, Jahrgang 1953, lebt in Wesel, ist gelernter Germanist, Kommunikationswissenschaftler und Journalist. Er war bis Ende 2014 in leitender Position bei der »Rheinischen Post« am Niederrhein tätig. Heute ist er freier Autor, Journalist und Publizist. Bekannt wurde er u.a. durch Niederrhein-Krimis zusammen mit Thomas Niermann und Renate Wirth.

ZWEI


Am Vormittag war Staatsanwalt Aaron Nilsson mit einem lockeren »Ihr macht das schon« vom Tatort verschwunden, nun saß er hinter dem Steuer seines Wagens, und Karin Krafft auf der Beifahrerseite wunderte sich über seine aufgeräumte, ja nahezu fröhliche Stimmung. Schließlich waren sie auf dem Weg zur Gerichtsmedizin nach Duisburg, kein Anlass für blühende Laune.

Im Radio sang Udo Lindenberg: »Ey, willkommen mittendrin …«, und Nilsson klopfte den Takt auf das Lenkrad. Wie ungewöhnlich. Die Hauptkommissarin konnte ihre Neugierde nicht länger als bis zur größten Ampelkreuzung an der Zitadelle in Wesel verbergen. »So gut gelaunt heute? Was ist los?«

Er neigte sich kurz zu ihr, als säße noch jemand im Fond des Volvos, der seine Worte nicht hören sollte, und raunte ihr zu: »Tolle Nacht gehabt. Mit Aussicht auf mehr. Das bleibt unter uns, okay? Ich will nicht zum Stadtgespräch werden.«

Karin lachte. So war das also. Der isländische Riese hatte sich verliebt. »Klar, von mir erfährt niemand etwas. Ich freu mich für dich. Deshalb also warst du so schnell verschwunden. Wenn ich in so einer Stimmung aufgewacht wäre, hätte ich sie mir auch nicht durch eine unappetitliche Leiche verderben lassen.«

Eine Weile glitten sie über die B 8 in Richtung Dinslaken und ließen Udo auf sich wirken. In Höhe von Voerde regelte Nilsson die Lautstärke hinunter. »Wie lange bist du mit deinem Mann zusammen?«

Karin brauchte nicht nachzudenken. »Seit sechzehn Jahren.«

»Ob ich das jemals schaffen werde?« Plötzlich wirkte er nachdenklich.

»Aber mein ganzes Leben lang allein zu bleiben, wie das Opfer von heute, das kann ich mir auch nicht vorstellen. Ich habe nur noch nicht die Richtige gefunden.«

Karin fühlte sich mit einem Mal ausgeliefert. Ob jetzt seine Lebensgeschichte mit Einblick in Philosophie und Wünschen für die Zukunft folgte? Viele Kilometer lang bis zur Duisburger Innenstadt, auf dieser Autobahn, deren Randbewuchs einem Dschungel glich und nur wegen des Fahrtwinds nicht an den Autos entlangstreifte? Was für eine Aussicht.

Als habe er ihre Gedanken gelesen, lachte er auf. »Keine Sorge, das wird jetzt kein Gejammer. Ich habe vorher lange mit ihr gechattet.«

»Chatten? Du bewegst dich auf Partnerinnensuche im Internet?«

»Jein. Nicht immer. Es macht Spaß, wenn man bestimmte Regeln einhält. Und mein Date gestern war ziemlich real und wird wiederholt.«

»Das kann aber auch anders laufen, oder?«

Nilsson holte aus. »Ich habe die Reportage von einem Mann gelesen, der plötzlich von einer selbst ernannten Schwester von Gaddafi angechattet wurde. Angeblich befand sie sich unerkannt mit begrenzten Möglichkeiten der Kommunikation in einem Flüchtlingscamp. Er fühlte sich sicher, glaubte, für alle Gefahren gewappnet zu sein, und wollte sich einfach auf den Flirt einlassen. Ihm war rational klar, dass dies eine Finte war und nicht stimmen konnte, er wollte aber sein Verhältnis zu einer schönen Frau wie in den Geschichten aus ›Tausendundeiner Nacht‹ eine Weile aufrechterhalten und genießen.«

»Jaja, die Märchen von Scheherazade, von Aladin und der Wunderlampe …«

»Genau, zwei Monate füh