: Christian Dörge
: FRIESLAND UND DIE TOTE GRÄFIN Der Krimi aus dem Norden!
: Signum-Verlag
: 9783757949181
: 1
: CHF 4.80
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 192
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
1968. Rechtsanwalt Siemen Friesland ist wie vor den Kopf geschlagen: Gräfin Francesca Leonardi-Romanow, eine überaus wohlhabende Dame der Gesellschaft, macht ihm buchstäblich aus heiterem Himmel einen Heiratsantrag. Hätte Friesland diesen Antrag angenommen, so wäre die Ehe nur von erstaunlich kurzer Dauer gewesen und er selbst wäre zum wohl reichsten Witwer von Hagensmoor geworden: Denn Gräfin Leonardi-Romanow wird ermordet... Der Roman FRIESLAND UND DIE TOTE GRÄFIN von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien EIN FALL FÜR REMIGIUS JUNGBLUT und DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES EDGAR WALLACE, ist der dritte Band einer Reihe von Krimis aus Deutschlands Norden. Als Bonus enthält dieses Buch die Erzählung FRIESLAND UND DAS DUNKLE LICHT.

Christian Dörge, Jahrgang 1969. Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Bildender Künstler, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

  Zweites Kapitel


 

 

Für Sie, liebe Leser, sind das nur Worte auf dem Papier. Aber für mich war die Situation überaus real, und ich hörte Francesca die Wortetatsächlich aussprechen. Und diese Worte waren an mich gerichtet. Mir wurde ein Antrag gemacht! Sie fragte mich rundheraus, ob ich sie heiraten wolle. Ein reizvolles Mädchen mit mehr Geld als ein Mensch im Lauf seines Lebens auf vernünftige Weise ausgeben konnte. Und sie scherzte nicht. Sie meinte es ernst.

Von allen je von ihr begangenen, ausgefallenen Verrücktheiten gebührte bestimmt dieser der erste Preis.

Ich machte den Mund zu und schluckte. »Ich... Schauen Sie, gnädige Frau... ich...«

Sie unterbrach mein Stottern mit einer Handbewegung. Ihr Blick war ernst und aufmerksam. »Sie brauchen sich nicht gleich zu entscheiden, Siemen.«

»Wirklich nicht?«

»Nein. Sie können es sich eine Stunde überlegen... oder auch zwei...«

Eine Stunde oder auch zwei... Ich, der ich mein Leben lang ein vorsichtiger Junggeselle gewesen war. Jetzt hatte ich eine Stunde oder zwei, um mir zu überlegen, ob ich den Sprung ins kalte Wasser wagen wollte. Wie ausgesprochen nett von ihr! Nun wartete sie mit hoffnungsvoll flehender Miene und besorgtem Blick. In der ganzen Welt träumten junge Männer von eben einem solchen Antrag, und ich wurde damit buchstäblich überrumpelt. Sie war wunderschön und reich. Aber sie war offenbar auch nicht ganz richtig im Kopf. Oder, gelinde gesagt, einigermaßenexzentrisch.

Ich sah sie prüfend an. »Warum fragen Sie ausgerechnetmich

»Ich sagte es Ihnen bereits. Aus weiblichem Instinkt. Ich glaube, Sie würden sich ganz gut eignen.«

Die Sonntagsbeilagen mussten gewusst haben, was sie schrieben, als sie Francescadieverrückte Gräfin tauften. Wenn man ihr Verhalten an diesem Vormittag betrachtete, schien der Spitzname gut zu passen. Sie hatte bereits zwei Ehemänner konsumiert. Zuerst den italienischen Grafen Edoardo Leonardi, der einem Schlaganfall erlegen war, dann Igor Romanow, einen russischen Fürsten im Exil, von dem sie in Hamburg geschieden worden war.

Jetzt wollte sie einen dritten Mann –mich! Zumindest verdiente sie eine gute Note für ihre Bemühungen. Sie beugte sich verwirrend nah über mich, mit Augen, so verführerisch groß und so tief wie verwunschene Teiche. Diese Augen waren sehnsuchtsvoll und zugleich berauschend, und einen kurzen Augenblick hatte ich fast Lust aufzustehen und sie in die Arme zu nehmen. Aber ich war nicht deswegen gekommen und rief mich innerlich zur Ordnung.

Der Spaß war weit genug gegangen. Ich fand, es würde Zeit, den Vorhang zu lüften. »Hören Sie, Frau Romanow«, sagte ich, »ich bedauere, aber...«

»Bitte«, unterbrach sie mich hastig, »es wäre nur auf kurze Zeit. Für einen Monat oder höchstens acht Wochen. Dann können Sie Ihre Freiheit wiederhaben. Wir lassen uns scheiden, und Sie bekommen fünftausend Mark.«

Ich stand ene