: Jobst Schlennstedt
: Tödliche Stimmen
: Emons Verlag
: 9783863587178
: Kommissar Andresen
: 1
: CHF 6.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 208
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine junge Frau ist ermordet worden. Schnell wird Hauptkommissar Birger Andresen klar, dass es eine Verbindung zu einer kurz zuvor ermordeten Medizinstudentin gibt. Welche Rolle spielt der zwielichtige Anatomieprofessor? Was bedeuten die verwirrenden Aufzeichnungen der Toten? Sind es womöglich doch zwei Täter? Als eine Journalistin verschwindet, setzt Andresen, der sich auf eine seltsame Weise zu ihr hingezogen fühlt, alles daran, sie zu finden.

Jobst Schlennstedt, 1976 in Herford geboren und dort aufgewachsen, studierte Geografie an der Universität Bayreuth. Seit Anfang 2004 lebt er in Lübeck. Hauptberuflich arbeitet er als Senior Consultant für ein großes dänisches Unternehmen und berät die Hafen- und Logistikwirtschaft. Im Emons Verlag veröffentlicht er seit 2006 Küsten- und Westfalen-Krimis sowie Titel aus der 111-Orte-Reihe. www.jobst-schlennstedt.de

3

Birger Andresen versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal so wenig zu tun gehabt hatte wie in den vergangenen Wochen. Und nicht nur ihm erging es so. Der Großteil seiner Kollegen bei der Lübecker Mordkommission war mehr oder weniger beschäftigungslos. Auch wenn das natürlich niemand zugegeben hätte.

Endlich hatte er Zeit, all die Papiere abzuarbeiten, die sich auf seinem Schreibtisch angesammelt hatten und mittlerweile von Kaffee- und Fettflecken gezeichnet waren. Aber wenn er ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass es ihn langweilte, sich an die liegen gebliebenen Fälle zu setzen, die zum Teil mehr als ein halbes Jahr alt waren.

Seitdem Andresen im April zum Hauptkommissar befördert worden war, hatte er keine größere Ermittlung mehr übernommen. Es schien ihm fast so, als sei er durch seinen neuen Dienstgrad zum Schreibtischhengst verkommen.

Sein Blick fiel auf eine Nachricht seines ehemaligen Kollegen Heckmann. Sie hatte zwischen all den Unterlagen gelegen. Heckmann und er waren im letzten Sommer Augenzeugen eines Amoklaufs in einem Lübecker Kaufhaus geworden, bei dem fünf unschuldige Menschen ums Leben gekommen waren, darunter auch eine junge Kollegin der Schutzpolizei. Das war der Anfang einer komplizierten und langatmigen Ermittlung gewesen, die schließlich einen der größten Medikamentenschmuggel zwischen Deutschland und Russland aufdecken konnte.

Nichts als Rechtfertigungen und Ausreden, dachte Andresen, während er den Brief las. Heckmann war nicht stark genug gewesen. Anstatt sich durchzubeißen nach den schlimmen Vorfällen, hatte er im Februar einfach seinen Dienst quittiert. Es wurde sogar gemunkelt, dass er nicht nur seinem Beruf, sondern auch Lübeck den Rücken kehren wollte. Sein Nachfolger hatte nicht lange auf sich warten lassen. Kriminalrat Frank Sibius, der Leiter der Mordkommission, war überaus bemüht gewesen, so schnell wie möglich adäquaten Ersatz zu präsentieren. Und es war ein offenes Geheimnis, dass er dabei seine Kontakte ins Ostwestfälische hatte spielen lassen.

Seit Anfang April gehörte Ben Kregel nun zum Team der Lübecker Mordkommission. Er war zuvor bei der Kripo Bielefeld tätig gewesen. Andresen wusste nicht viel über seinen neuen Kollegen, außer dass ihm der Ruf vorauseilte, ein Stinkstiefel sondergleichen zu sein. Aus diesem Grund und wegen eines Anflugs von Rivalität hatte Andresen bislang kaum mehr als fünf Sätze mit Kregel gewechselt, geschweige denn mit ihm zusammengearbeitet. Er ging ihm schlicht und einfach aus dem Weg.

Es war kurz vor elf. Gleich hatte er einen Termin mit einer Redakteurin der Lübecker Rundschau. Anlässlich des Prozesses gegen Thomas Hünemeier, einen der Drahtzieher des Medikamentenschmuggels aus dem vergangenen Jahr, war er angesprochen worden, vom Polizeialltag nach solchen Ereignissen zu berichten.

Ein Vogel flog gegen das Fenster und weckte ihn aus seinen Gedanken. Diese Geschichte würde er wohl zeit seines Lebens nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Zu stark waren die Bilder gewesen. Sie hatten sich fest in seine Erinnerungen eingebrannt.

Das Telefon klingelte