: Hans Jürgen Sittig
: Zwischen Eifel und Hölle
: Emons Verlag
: 9783960412250
: 1
: CHF 6.90
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 224
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kurz nachdem Hauptkommissar Wärmlands Beziehung zerbrochen ist, wird sein größter Alptraum wahr: Im Briefkasten findet er einen abgetrennten Finger, der angeblich von seinem entführten Sohn Stefan stammt. Doch statt Lösegeldforderungen erhält Wärmland immer wieder Kleidungsstücke Stefans, teilweise blutgetränkt. Für den Kommissar beginnt ein traumatischer Wettlauf gegen die Zeit.

Hans Jürgen Sittig, 1957 in Mayen/Eifel geboren, begann als Biologiestudent mit dem Schreiben und Fotografieren für verschiedene Magazine und Zeitschriften. Der in Bonn lebende Vater zweier Söhne spielt Klavier, Theater in Wuppertal und in kleinen TV-Serien. www.hans-juergen-sittig.de

EINS


Der um siebzehn Uhr fünfundfünfzig in Paris-Nord gestartete Thalys fuhr mit neunzehn Minuten Verspätung um einundzwanzig Uhr siebenundzwanzig in den Kölner Hauptbahnhof ein. Wärmland trat nervös von einem Bein auf das andere. Als die Türen sich öffneten, hielt er Ausschau nach seiner Freundin und fragte sich, wie sie wohl reagieren würde, wenn sie ihn sah.

Nicole erwartete seinen Besuch erst morgen. Doch die Anzeichen und Hinweise der vergangenen Wochen hatten Wärmland in letzter Zeit immer deutlicher erkennen lassen, dass es um ihre Beziehung nicht mehr gut stand, und er wollte Antworten.

Vor etwa zwei Monaten hatte es begonnen. Sie hatte das gemeinsame Wochenende abgesagt, mit dem Hinweis auf eine zu große Arbeitsbelastung. An sich nichts Ungewöhnliches, sie war auch früher schon einige Male in Paris geblieben, wenn die Arbeit es erforderte. Manchmal war stattdessen er zu ihr gefahren und hatte sie in der französischen Metropole besucht, aber in der Regel kam sie nach Deutschland, um mit ihm in ihrer Kölner Wohnung oder bei Wärmland in der Eifel das Wochenende zu verleben. Trotz ihrer Fernbeziehung sahen sie sich häufig, und Wärmland hatte geglaubt, dass ihr gemeinsames Leben auf diese Weise gut weiterfunktionieren würde. Alles schien perfekt. Bis zu jenem aus Wärmlands Sicht denkwürdigen Donnerstagabend, an dem er in Nicoles Stimme den Hauch einer Veränderung wahrgenommen hatte. An diesem Abend hatte sie irgendwie anders geklungen. Als sie ihr Bedauern darüber zum Ausdruck brachte, in Paris bleiben zu müssen, hatte er einen fremden Unterton wahrgenommen. Eine bis dahin noch nie aufgetretene Schwingung, eine mikroskopisch kleine, irritierende Frequenzänderung. Das hatte bei ihm intuitiv eine ganz bestimmte Art von Unwohlsein ausgelöst, jene, die von unterschwelligem Misstrauen befördert wird. Etwas war anders als zuvor. Den daraus erwachsenden Gedanken, Nicole könnte eine Affäre mit einem anderen Mann haben, hatte er als absurd und völlig abwegig beiseiteschieben wollen. Gelungen war es ihm jedoch nicht.

Seither wurde er das Gefühl nicht los, dass ihre bis dahin so glückliche Beziehung in jenem Moment einen ersten Haarriss erhalten hatte. Einen, der sich stetig vergrößerte, denn Nicoles Verhalten war auch weiterhin verändert. In den nachfolgenden Wochen war es zu weiteren Absagen gekommen, sie hatten einander überhaupt nicht mehr gesehen, und immer war es die Arbeit, die sie als Grund für ihren Verbleib in Paris nannte. Auf Wärmlands Fragen reagierte sie zunehmend gereizt und ließ sich von ihm auch keine weiteren Begründungen entlocken.

So war Wärmland ungewollt zu einigen freien Wochenenden gekommen, was ihn aber alles andere als beglückte. Nicole fehlte ihm, und nach längerer Zeit spürte er nun wieder diesen stillen Schmerz von Einsamkeit, den er leider viel zu gut kannte. Ein paarmal war sein sechzehnjähriger Sohn Stefan zu einem zusätzlichen Besuch nach Mayen gekommen. Doch obwohl sie immer eine schöne Zeit gehabt hatten und er sich über die Extrastunden freute, die sie miteinander verbrachten, schlu