: Ursula Poznanski
: Die Verschworenen (Eleria-Trilogie - Band 2)
: Loewe Verlag
: 9783732000159
: 6
: CHF 8.00
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 464
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
In der Stadt unter der Stadt finden Ria und ihre Freunde Zuflucht, doch bald zeigt sich, dass auch hier ein Überleben nicht garantiert ist. Während Aureljo seine Rückkehr in die Sphären vorbereitet, sucht Ria nach Jordans Chronik und findet Fragmente, die sie nicht zur Gänze deuten kann. Als Lichtblick erweist sich in dieser Zeit, im wahrsten Sinn des Wortes, ihre Freundschaft zu Sandor, mit dem sie immer wieder kurze Ausflüge an die Oberfläche unternimmt und dessen Zuneigung ihr täglich mehr bedeutet. Doch dann wird Sandor Clanfürst, und mit einem Schlag ist alles anders. Ria sieht sich gezwungen, entgegen ihrer ursprünglichen Absicht gemeinsam mit Aureljo in die Sphären zurückzugehen. 'Die Verschworenen' ist der zweite Band einer Trilogie. Der Titel des ersten Bandes lautet 'Die Verratenen'. Die Bestsellerautorin Ursula Poznanski, auch bekannt durch ihre Thriller für Erwachsene: 'Fünf' und 'Blinde Vögel', erschienen beim Wunderlich Verlag, legt mit diesem Jugendbuch-Thriller den zweiten Band der Verratenen-Trilogie vor.

Ursula Poznanski, geboren in Wien, studierte sich einmal quer durch das Angebot der dortigen Universität, bevor sie nach zehn Jahren die Hoffnung auf einen Abschluss begrub und sich als Medizinjournalistin dem Ernst des Lebens stellte. Nach der Geburt ihres Sohnes begann sie Kinderbücher zu schreiben. Ihr Jugendbuchdebüt Ereboserhielt zahlreiche Auszeichnungen (u. a. den Deutschen Jugendliteraturpreis) und machte die Autorin international bekannt. Sie lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien.

2

Es dauert zwei Tage, bis ich endlich wieder einen Streifen Himmel sehe, einen dämmrigen roten Himmel durch eins der Fenster in Quirins Säulenhalle. Das Glas ist intakt, was vermutlich den Metallstreben zu verdanken ist, die es in Quadrate unterteilen, in stabile, transparente Vierecke.

Ich hatte mich auf den Anblick von Sonnenlicht gefreut, aber kaum hatte Bojan sich mit uns zur Halle hinaufgeschlichen, musste er uns auch schon in einem der Nebenräume verstecken.

»Es gibt ein Neugeborenes«, erklärte er strahlend.»Und das bringen sie Quirin zur Aufnahme.«

Auf mein Nachfragen hin erläuterte Bojan, dass der Clan Schwarzdorn seine Kinder schon in den ersten Tagen ihres Lebens mit der Härte der Wildnis bekannt macht. Symbolisch natürlich – ein winziger Stich mit einem Dorn, an eine Stelle, wo es nicht wehtut.»Dafür sind die Bewahrer auch zuständig.«

Wir zucken zusammen, als draußen das Baby zu schreien beginnt.

»Oje.« Bojan zieht eine Grimasse.»Da beschwert sich jemand.«

Der Brauch erinnert mich an religiöse Rituale von früher. Taufen, Beschneidungen. Faszinierend, wie sie sich bei den Clans in Naturrituale gewandelt haben.

Als man uns endlich holt, hat sich der Himmel bereits rot und dunkelblau verfärbt. Während ich den Blick keine Sekunde lang von den Farben wenden kann, den Wolken, den Lichtstreifen, vertiefen sich hinter mir Quirin, Aureljo und Dantorian in ein Gespräch, bei dem es um die Frage geht, ob Aureljo sich mit einem Grenzgänger treffen soll.

Quirin ist skeptisch, er traut diesen Außenseitern nicht, die zwischen Sphären und Clans pendeln, ohne sich irgendwo dazugehörig zu fühlen.»Sie leben davon, Informationen zu verkaufen, und glaub mir, der Sphärenbund würde es sich einiges kosten lassen, zu erfahren, wo ihr seid und was ihr vorhabt. Das ist eine Versuchung, der keiner der Grenzgänger, die ich kenne, widerstehen könnte.«

»Ich würde mich natürlich als Clanmitglied ausgeben, das mehrüber die Sphäre wissen will,über die Sicherheitsvorkehrungen, die Anzahl der Außenwachen und die Arbeitsbereiche. Wenn Vienna 2 zum Beispiel eine Recyclingstation hat, gibt es dafür ein spezielles Belüftungssystem, mit einem eigenen Schacht,über den man unbemerkt in die Sphäre eindringen kann, wenn man weiß, wie.«

Sie verlieren sich in technischen Details und ich höre nicht länger zu. Es wird jetzt schneller dunkel. Der Himmel ist blutrot, lila, schwarz und ich möchte hinaus, um den Wind zu spüren, der nun einsetzt.

Mit diesem Wind schwebt ein Vogel heran, segelt in weiten Kreisen herab und landet auf dem höchsten Punkt der Ruinenmauer gegenüber. Ich glaube, ich habe Lederriemen an seinem rechten Bein gesehen.

Dann sollte sein Besitzer nicht weit sein. Er müsste jeden Moment den Platzüberqueren, hinter dem Denkmal auftauchen, ich kann ihn gar nichtübersehen. Doch es pocht an der Saaltür, bevor sich auch nur ein Schatten vor dem Fenster blicken lässt.

Sie sind zu zweit, Vilem und Sandor. Der Fürst und der Than, sein vorherbestimmter Nachfolger. Fiore begleitet sie herein, bleibt aber nicht, sondern möchte gemeinsam mit Bojan und zwei anderen eine Runde um die Bibliothek drehen.»Jemand hat Scharten gesehen. Ich will sichergehen, dass sie wieder verschwunden sind.«

Vilem bietet ihr an, die vier Jäger, die mit ihm gekommen sind, auf den Patrouillengang mitzunehmen, was Fiore dankend akzeptiert.

Der Clanfürst wirkt erschöpft. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen, nicht, seitdem wir uns unter der Stadt verstecken. An seiner Schläfe verheilt eine grob genähte Wunde und er zieht sein linkes Bein nach – kaum wahrnehmbar, ich bemerke es selbst erst, nachdem er schon fast vor Quirin steht. Mir scheint es, als wäre sein langes Haar seit unserem letzten Treffen grauer geworden und der Haaransatz weiter nach hinten gerückt.

Sandor bleibt im Schatten des Fürsten. Seine Schritte sind lautlos auf dem glatten Steinboden und er wirkt noch wachsamer als sonst. Sprungbereit. Hat er nicht mit unserer Anwesenheit gerechnet?

Ich löse mich aus der Nische neben dem Fenster, gespannt, ob einer der beiden Männer von meinem plötzlichen Auftauchenüberrascht sein wird, aber ich müsste mich wesentlich geschickter tarnen, um von ihnenübersehen zu werden. Sie sind Jäger. Ihnen entgeht kaum etwas – darin sind wir unsähnlich.

»Vilem!« Quirin ist von seinem Platz aufgestanden, wie nebenbei wendet er die Skizze um,über die er, Aureljo und Dantorian sich eben noch gebeugt haben. Der Fürst und er umarmen sich kurz – ein graubrauner und ein schneeweißer Mann.»Was ist passiert?«

Es sind blitzschnelle, sparsame Fingerbewegungen, mit denen Sandor und Vilem sich verständigen. Die Zeichensprache der Jäger. Ein paar der Gesten kenne ich bereits, aber meistens habe ich keine Chance, einer solchen Unterhaltung zu folgen, auch jetzt nicht, und es bringt mich jedes Mal aus der Ruhe. DieÄußerungen anderer Menschen zu analysieren und zu interpretieren, das war mein Schwerpunkt an der Akademie. Nicht nur das zu deuten, was gesagt, sondern vor allem das, was verschwiegen wird. Angesichts dieser Zeichensprache fühle ich mich, als hätte ich plötzlich einen meiner wichtigsten Sinne verloren.

Arbeite mit dem, was vorhanden ist, waren Graukos Worte, meist dann, wenn ich michüber die Schwierigkeit einer Aufgabe beschwerte.Es gibt immer Material, du musst es nur verwenden.

Ich konzentriere mich also auf die Haltung und die Mienen der beiden Männer und komme zu dem Schluss, dass Sandor Bedenken hat und Vilem sie nicht gelten lassen will. Die Unstimmigkeit hat mit uns zu tun, Sandors Blick schnellt flüchtig zu Aureljo und Dantorian hinüber. Seine Gesten sind kurz und hart, die von Vilem gelassener. Würden sie sich mit Worten unterhalten, klänge seine Stimme vermutlich beschwichtigend.

Sie habe