Kapitel 1
Das Glöckchen über der Tür läutete, als Jesse Grant in die Bäckerei gestürmt kam. „Ich habe Neuigkeiten.“
Es gab Zeiten, wie jetzt, in denen Zane Fishers bester Freund ihn an einen Welpen erinnerte, der aufgeregt kläffend im Kreis herumlief. Zane schenkte Jesse ein Lächeln, als er damit fertig war, die Tische abzuwischen und die Stühle wieder in Position zu bringen. „Was gibt’s Neues?“ Das hätte er eigentlich gar nicht fragen müssen. Wie ein Welpe würde Jesse es nicht lange für sich behalten können, aber Zane wollte seinen besten Freund nicht enttäuschen, indem er ihn so hängen ließ.
Jesse fieberte förmlich vor Vorfreude. Seine dunklen Augen, die er mit schwarzem Eyeliner und Wimperntusche noch eindringlicher gemacht hatte, weiteten sich. „Dein Widersacher ist in der Stadt, und laut Mary Fuller ist er ‚heiß wie die Sünde‘.“ Jesse machte sogar kleine Anführungszeichen in der Luft, um das Ganze noch dramatischer zu machen. Kaum waren die Worte aus Jesses Mund, ließ er sich erschöpft auf einen Hocker am Tresen fallen.
Nur mit Mühe konnte Zane sich ein Lachen über den Hang seines Freundes zur Dramatik verkneifen. Es war ja nicht so, dass der Mann weit laufen musste, um es ihm zu sagen. Jesses Blumenladen war gleich auf der anderen Straßenseite. Natürlich könnte es damit zu tun haben, dass er Stiefel mit fünf Zentimeter hohen Plateauabsätzen trug. „Was denkst du, wer mein Widersacher ist, Jesse, und woher weiß Mary Fuller, wie er aussieht?“
Im Großen und Ganzen kam Zane mit allen gut aus, was nicht immer einfach war, wenn man als Schwuler in einer Kleinstadt lebt. Als er sich im Alter von fünfzehn Jahren seinen Eltern gegenüber geoutet hatte, hatten sie das ohne viel Aufhebens hingenommen. In der High School hätte er sich gewünscht, dass sie mehr Schwierigkeiten gehabt hätten, damit klarzukommen. Nicht, dass er rausgeworfen werden wollte oder so, aber seine Mutter hatte sich in eine regelrechte Gay Pride-Fanatikerin verwandelt, was, um ehrlich zu sein, manchmal noch peinlicher war als damals, als sie ihn noch in Lockenwicklern und ihren traditionellen hawaiianischen Klamotten zur Schule gebracht hatte.
Je älter er wurde, desto mehr wusste er es zu schätzen, dass seine Mutter und sogar sein Vater bereit waren, für ihn zu kämpfen. Zwar brachte ihn seine Mutter mit ihren verschrobenen Ansichten über die Rechte von Schwulen immer noch in Verlegenheit. Wann immer es eine LGBT-Kundgebung, einen Protest oder eine Parade gab, war sie mittendrin und schrie aus vollem Hals, dass ihr Sohn schwul sei. Insgeheim war er stolz auf sie, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass er lieber ein ruhiges Leben führen würde, ohne seine sexuellen Vorlieben lauthals in die ganze Welt hinauszuposaunen.
Jesse beugte sich über den Tresen und stützte sein Kinn in die Hände. Mit einem kräftigen Seufzer sagte er: „Aidan Dempsey“. Als er das ausdruckslose Gesicht von Zane bei diesem Namen sah, schüttelte sein Freund verärgert den Kopf. „Ich brauche etwas zu trinken, wenn du mich schon so früh am Morgen so hart arbeiten lässt.“
Schmunzelnd ging Zane hinter den Tresen und machte Jess sein Lieblingsgetränk für den Herbst, einen Caramel Macchiato. Als er die Tasse auf den Tresen stellte, beugte sich Jesse hinunter und atmete tief ein, bevor er sie in die Hand nahm und vorsichtig einen Schluck trank. „Ahhh, viel besser.“
Die übertriebenen Faxen seines Freundes waren immer unterhaltsam, zumindest, wenn sie ihn nicht in Schwierigkeiten brachten. Zane konnte gar nicht mehr zählen, wie oft Jesse sich mit anderen angelegt hatte, die kein Problem damit hatten, dem eins fünfundsechzig großen Mann eine reinzuhauen. Zane, Jesses Freund, sprang dann ein, um zu helfen, und bekam dafür meistens den Arsch versohlt.
Trotzdem würde er all die blauen Flecken