: Christian Dörge
: TÖDLICHES VENEDIG - DETEKTIVE WIDER WILLEN Ein Kriminal-Roman
: Signum-Verlag
: 9783757932138
: 1
: CHF 4.80
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 167
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Schauplatz: Venedig im Jahre 1963. Gedeon Sckell, Maler und Hobby-Detektiv aus München, erhält den Auftrag, ein Porträt der betagten Signora Angelina Mancini-Silvestro, einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der venezianischen Gesellschaft, anzufertigen. Kaum in Venedig angekommen, geschehen zwei Dinge: Er begegnet der jungen Amerikanerin Constance Drysdale, die ihn um Hilfe in einer höchst merkwürdigen Angelegenheit bittet, und es geschieht ein furchtbarer Mord. So hat Gedeon Sckell kaum die Möglichkeit, sich an den Sehenswürdigkeiten Venedigs zu erfreuen, denn ein tödliches Netz aus Mord, Intrigen und dem illegalen Handel mit Kunstwerken zieht sich immer enger um ihn zusammen... TÖDLICHES VENEDIG von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien JACK KANDLBINDER ERMITTELT, EIN FALL FÜR REMIGIUS JUNGBLUT, DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES EDGAR WALLACE und FRIESLAND, ist der dritte Band der Roman-Serie DETEKTIVE WIDER WILLEN und ein ebenso spannender wie kunstsinniger Krimi aus der italienischen Lagunenstadt.

Christian Dörge, Jahrgang 1969. Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Bildender Künstler, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

  Erstes Kapitel


 

 

Alles nahm seinen Anfang vor dem HotelSpirito Di Fontana in der Lungomare Marconi, einer breiten, geraden Straße, deren eine Seite vom Meer und dem Badestrand des Lido begrenzt wurde, den Reihen von Umkleidekabinen und Sträucher umsäumten. Auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich Gärten und Hotels. DasSpirito Di Fontana war im Gegensatz zu den meisten anderen Strandhotels nicht mit aufdringlichem Zierrat überladen. Vor dem Haus standen Bäume und vier hübsche Markisen mit Tischen darunter. Es war Mittagszeit. Die Gäste saßen im Schatten und erfrischten sich bei einem Drink. Ich war schon seit zwei Tagen in Venedig, früher, als man mich erwartete, denn ich wollte die Stadt zuerst genießen, ein wenig durch die Straßen bummeln und mich umsehen, was es Interessantes gab, bevor es an die Arbeit ging. Ich überlegte gerade, ob ich mir auch etwas zu trinken bestellen sollte, als unerwartet eine junge Frau auf dem Fußweg zwischen den Blumenbeeten auf mich zueilte, geradewegs in meine Arme.

»Entschuldigen Sie«, sagte die Frau. Ich stellte sie wieder auf die Füße und schaute sie mir genauer an. Vermutlich war sie Amerikanerin, aber von der ruhigen Sorte. Sie war klein, brünett, die Haare hatten einen rötlichen Schimmer, dazu graugrüne Augen und Sommersprossen auf der Nase. Sie erinnerte mich an eine Birmakatze, obwohl ich bis dahin noch keiner Katze mit Sommersprossen und einer überdimensionalen Hornbrille begegnet war. Ich mag Frauen, die etwas Katzenhaftes an sich haben. Aber auf Brillenträgerinnen fliegen die Männer im Allgemeinen nicht. Doch bevor ich Zeit hatte, diese Ansicht zu überprüfen, verblüffte mich die Frau mit einer Frage und sah mich dabei so verführerisch an, dass es mir den Atem verschlug. »Haben Sie den Ballonverkäufer gesehen?«

Sie unterstrich ihre Worte mit einer ungeduldigen kleinen Geste, die außerordentlich anmutig wirkte, wobei ihr Gesicht einen schwer zu deutenden Ausdruck annahm, den ich erst später als einen ihrer Tricks erkannte. Jedenfalls vermittelte sie mir eine ungewöhnlich lebhafte Vorstellung dessen, was augenblicklich in ihrem Kopf vorging. Unwillkürlich sah ich einen alten Mann im langen, schmutzigen Kittel und zerbeulten Hut vor mir, über dessen Kopf ein Strauß aus lauter bunten Luftballons schwebte, an meinem geistigen Auge vorüberziehen. Meine neue Bekannte warf mir einen strengen Blick zu, als schien sie zu glauben, ich hätte ihren Ballonverkäufer verschwinden lassen. »Vor einer Minute war er noch hier.«

Ich blickte die Straße hinauf und hinunter. Ich sah alles Mögliche, nur keine Luftballons. Da waren luxuriöse Autos, kleine Strandwagen, die von den Nobelhotels für ihre Gäste bereitgestellt wurden, wenn diesen der Spaziergang zu viel wurde, ein Auto mit einem Kamerateam und Menschen der verschiedensten Hautfarben und Rassen, die ein farbenprächtiges Bild boten. Vom Eingang des HotelsExcelsior lächelten Starlets ihr blendendes Zahnpastalächeln. Eine Kutsche älterer Bauart zuckelte auf uns zu. Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht hat er sich aus dem Staub gemacht. Ich meine, es ist ziemlich heiß heute. Er war doch bestimmt sehr klein, nicht wahr? Wollten Sie einen Ballon kaufen?«

Sie richtete den Blick in einer Weise zum Himmel, dass ich zu glauben begann, etwas sehr Einfältiges gesagt zu haben. »Ich wollte nichts kaufen, sondern mit dem Mann sprechen.«

»Ach so, das