: Hannes Nygaard
: Das einsame Haus
: Emons Verlag
: 9783863589646
: 1
: CHF 7.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 288
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Auf Nordstrand, der idyllischen Halbinsel im Wattenmeer, wird ein brutaler Banküberfall verübt. Kommissar Christoph Johannes und eine Angestellte werden als Geiseln entführt. Eine dramatische Suche nach den Tätern beginnt, denn jede Minute rückt die Gefangenen dem Tod ein Stück näher. Kommt Große Jäger noch rechtzeitig? Christoph Johannes' persönlichster Fall. Hart. Verstörend. Mitreißend.

Hannes Nygaard ist das Pseudonym von Rainer Dissars-Nygaard. Er wurde 1949 in Hamburg geboren und hat sein halbes Leben in Schleswig-Holstein verbracht. Er studierte Betriebswirtschaft und war viele Jahre als Unternehmensberater tätig. Hannes Nygaard lebt auf der Insel Nordstrand. www.hannes-nygaard.de

Eins

Weiße Wattetupfer hingen am blauen Himmel. Kumulus, überlegte Christoph, hießen diese dichten und scharf abgegrenzten Wolken, die ein wenig an einen aufquellenden Blumenkohl erinnerten. Dort, wo die Sonne sie bestrahlte, waren sie leuchtend weiß. Gedankenverloren schweifte sein Blick aus dem Fenster über die satte grüne Marsch hinweg, unterbrochen von Feldern, auf denen in wenigen Tagen der Raps blühen und das Auge mit einem unbeschreiblich grellen Gelb nahezu blenden würde. In der Ferne war der Seedeich zu erkennen, der in den letzten Jahren zu einer der sichersten Schutzanlagen an der Nordseeküste verstärkt worden war.

Die sieben Köge seiner Wahlheimat Nordstrand lagen tief, teilweise sogar unter Normalnull. Deshalb hatten die Menschen ihre Häuser früher an die Binnendeiche gebaut, die die Köge abgrenzten. Er wurde oft belächelt, wenn er seine Adresse nannte: England. Nein, war seine Standardantwort, wir haben keine Königin. England stammt von »enges Land«. Genauso wie der Osterkoog, über den er jetzt sah, nichts mit dem hohen christlichen Fest gemein hatte, sondern »östlicher Koog« bedeutete. Nordstrand war seit der Eindeichung des großen Naturschutzgebiets Beltringharder Koog eigentlich eine Halbinsel. Hier fühlte er sich wohl, hier würde er 

»Na?« Anna hatte ihren Arm ausgestreckt und ihre Hand auf seine gelegt. »Träumst du schon von der vielen freien Zeit, die du bald haben wirst?«

Er wollte protestieren, unterdrückte es aber. »Ich freue mich über den wunderbaren Ausblick. Haben wir es nicht gut hier?«

Anna seufzte. »Du. Ich muss noch ein paar Jahre arbeiten.«

»Du musst?«, fragte er vorsichtig.

Sie antwortete nicht. Alle Versuche, sie zu überreden, ihre Tätigkeit als Arzthelferin bei Dr. Hinrichsen im Husumer Schlossgang aufzugeben, waren gescheitert. Auch wenn sie immer wieder über den Stress und die hohe Belastung stöhnte, konnte sie sich ein Leben ohne diese Aufgabe nur schwer vorstellen.

Ihm ging es für sich selbst genauso. Aber für Beamte galt die Pensionsgrenze, insbesondere für Polizeibeamte. Ja, es war wirklich schön hier. Aber es würde eine Umstellung für ihn bedeuten, nicht mehr täglich zur Husumer Polizei fahren zu müssen. Zumüssen? Oder zudürfen? Es hatte ihn getroffen, als vor einem Jahr Harm Mommsen als Kriminalrat nach Husum zurückgekehrt war und die Leitung der Kriminalpolizeistelle, wie sie etwas umständlich hieß, übernommen hatte; ein Amt, das er zehn Jahre als kommissarischer Leiter innegehabt hatte. Nun sollte es bald vorbei sein. Er hatte es nicht fertiggebracht, mit Anna über seinen Seelenzustand zu sprechen. Derzeit bummelte er seinen letzten Urlaub ab. Christoph empfand es fast als Generalprobe für die Zeit danach. Dann war er Erster Kriminalh