: Susanne Popp
: Madame Clicquot und das Glück der Champagne
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644006157
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 416
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das zarte Prickeln von Champagner... Die Frau hinter der berühmten Champagnermarke Veuve Clicquot Reims, 1805: Die junge Witwe Barbe-Nicole Clicquot übernimmt gegen den Widerstand ihrer Familie die Champagnerproduktion und den Weinhandel ihres verstorbenen Mannes - und stellt sich als talentierte Winzerin heraus. Doch es ist die Zeit der napoleonischen Kriege und die Geschäfte laufen nicht gut. Unterstützt von ihrem Mitarbeiter Louis Bohne und dem deutschen Buchhalter Christian Kessler bringt Barbe-Nicole ihr Unternehmen dennoch durch, entwickelt ein neues Herstellungsverfahren und schenkt dem Champagner damit sein verführerisches Prickeln. Angetan von ihrem Esprit entwickeln beide Männer Gefühle für sie - doch nur als Witwe kann Barbe-Nicole ihr Unternehmen unter ihrem Namen weiter führen ...

Susanne Popp, Jahrgang 1967, hat Publizistik studiert und danach ihre Kreativität zunächst in der Werbung ausgelebt, bevor sie sich als Autorin für Privatbiographien selbständig machte. Sie ist in der Südpfalz an der französischen Grenze aufgewachsen und froh, mit ihrem Mann und ihrer Tochter nun auch wieder an einem Ort zu leben, an dem Weintrauben gedeihen, nämlich am Zürichsee in der Schweiz. 'Madame Clicquot und das Glück der Champagne' ist ihr erster Roman. Ihrer Leidenschaft für außergewöhnliche Frauenbiographien geht die Autorin auch im Podcast 'Frauenleben' nach: Alle vierzehn Tage erscheint ein neues inspirierendes Porträt zum Anhören. Überall wo es Podcasts gibt oder bei www.frauenleben-podcast.de. Mehr über die Autorin erfahren Sie unter: www.susannepopp.de.

Teil I


Oktober bis Dezember 1805

Kapitel 1


Etwas war anders als sonst.

Barbe lauschte in die Nacht. In der Ferne bellte ein Hund, die Kirchturmuhr schlug zweimal. Nichts Ungewöhnliches. Wovon war sie aufgewacht?

Sie sah hinüber auf die andere Seite des Bettes, aber sie war allein. François schlief in seinen privaten Räumen, wie meistens in den letzten Monaten. Wieder einzuschlafen war unmöglich. Unruhig wanderte ihr Blick im Zimmer umher und blieb an dem ovalen Spiegel über ihrem Frisiertisch hängen, der matt schimmernd das kühle Mondlicht zurückwarf. Es war, als starre ein großes Auge sie an. Barbe stand auf und trat ans geöffnete Fenster.

Für einen zwanzigsten Oktober war es erstaunlich warm. Eine Zikade, die sich in der Jahreszeit geirrt hatte, zirpte in der Nähe. Das milde und trockene Wetter war spät im Jahr gekommen, nachdem die Ernte bereits unter einem kalten, regnerischen Sommer gelitten hatte. Fast ein Viertel der Trauben hatten sie hängen lassen müssen, die Früchte waren noch am Stock verschimmelt und verfault. Trotzdem war Barbe insgesamt zufrieden. Dank der vergangenen acht warmen und sonnigen Wochen waren die verbliebenen Trauben von vorzüglicher Qualität, besser sogar als in anderen Jahren, weswegen sie François vorgeschlagen hatte, eine Reise über Land zu unternehmen und weitere Trauben und Most zuzukaufen. Erleichtert hatte sie dabei beobachtet, wie François zumindest zeitweise seinen früheren Charme und sein Verhandlungsgeschick zurückgewonnen hatte. In der letzten Zeit hatte er häufig traurig und abwesend gewirkt, als sei er mit seinen Gedanken woanders und nicht bei der Sache.

Barbe stützte sich aufs Fensterbrett und lehnte sich ein wenig hinaus, um in den Hof hinunterzusehen. In seinem Arbeitszimmer brannte noch Licht. Sie selbst hatte sich nach den langen Tagen in der Kutsche und den ungewohnten Nachtlagern bei Bauern und in Gasthäusern völlig erschöpft gefühlt. Zwei Wochen lang waren sie und François unterwegs gewesen, und sie hatte fest damit gerechnet, dass sie bis zum Morgen durchschlafen würde. Stattdessen war sie nun hellwach und von einer unbestimmten Unruhe erfüllt. Der Geruch vergorener Trauben stieg ihr in die Nase. Vermutlich stand der Keller offen, obwohl die Arbeiter die Anweisung hatten, alles fest verschlossen zu halten.

Rasch warf sich Barbe ihren Morgenmantel über. Sie würde hinuntergehen und das Tor zum Keller kontrollieren. Und dann konnte sie bei François anklopfen und nach dem Rechten sehen.

Mit einer Kerze in der Hand trat sie hinaus auf den Flur. Am Treppenabsatz hielt sie inne. Oben schlief ihre Tochter, die fünfjährige Mentine, im Zimmer neben der Kinderfrau. Sie hatte sie heute bei ihrer Rückkehr nur kurz in ihre Arme geschlossen, weil es schon so spät gewesen war, und plötzlich verspürte sie das dringende Bedürfnis, nach ihr zu sehen. Leise ging sie die Treppe hinauf. Die Tür stand einen Spalt offen, und in der Ecke brannte eine Öllampe. Die Kinderfrau war wohl eingeschlafen, bevor sie das Licht hatte löschen können. Barbe trat ans Bett und betrachtete von Zärtlichkeit erfüllt die schlafende Mentine. Sie hatte die Decke fortgestrampelt, lag quer in ihrem Bettchen, weil sie nach Kinderart viel träumte und sich viel bewegte, und winzige verschwitzte Löckchen kringelten sich um ihre schmale Stirn. Barbe stellte die Kerze ab, legte das Kind gerade hin, schüttelte die Decke auf, breitete sie über ihre nun friedlich daliegende Tochter und beugte sich vor, um ihr einen Kuss zu geben. Ohne wirklich zu erwachen, schlang die Kleine die weichen Ärmchen um sie und erwiderte den Kuss.

«Maman», murmelte sie zufrieden, drückte ihr Näschen gegen Barbes Wange und versank sofort wieder im Reich der Träum