: Marc Raabe
: Heimweh Thriller
: Ullstein
: 9783843711128
: 1
: CHF 7.30
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 432
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Jesse Berg ist ein erfolgreicher Kinderarzt. Frisch geschieden, kümmert er sich liebevoll um seine kleine Tochter Isa. Über seine Vergangenheit spricht er nicht. Bis plötzlich seine Exfrau ermordet und seine Tochter entführt wird. Der Täter hinterlässt für Berg eine Nachricht: Sie gehört dir nicht. Du musst sie vergessen. Berg ist klar, dass er selbst das Ziel des Anschlags ist. Eine langvergessene Schuld drängt ans Licht. Um Isa zu finden, muss er das tun, was er nie wollte: zurück in seine Vergangenheit. Zurück ins Heim. Dort hat er gelernt, sich zu wehren, und dort wäre er beinahe getötet worden. Berg nimmt die Kampfansage an. Denn für Isa würde er alles tun. Auch ein zweites Mal durch die Hölle gehen. Vom Autor der Spiegel-Bestseller »Schnitt« und »Schock«.

Marc Raabe hat eine TV- und Medienproduktion aufgebaut, bevor er sich 2021 für ein Leben als Autor entschied. Zu diesem Zeitpunkt begann er mit der Art-Mayer-Serie. Raabes Bestseller erscheinen in mehr als zehn Sprachen. Sein Handwerkszeug sind filmisches Erzählen, Schnitttechniken, Cliffhanger und Psychologie. Das Ergebnis: ein rasantes Kopfkino mit Tiefe. So wie seine Ermittlerfiguren bricht auch Marc Raabe hin und wieder Regeln.

Prolog


September 1981

Noch war reichlich Luft zum Atmen da.

»Der schwarze Jaguar« lag aufgeschlagen neben seinem Bett, darüber ein abgegriffenes Batman-Heft. Was man mit dreizehn eben so las. Das Licht war längst aus. Im Schlaf hob und senkte sich die Bettdecke wie eine sanfte Dünung.

Die Luft zum Atmen blieb ihm von einer Sekunde auf die andere weg.

Im letzten Augenblick, bevor er wach wurde, träumte er zu ertrinken. Es war ein Traum, den er oft hatte.

Als kleines Kind war er in der Dämmerung am Rand des nahen Sees in das noch dünne Eis eingebrochen. Puderweißer Neuschnee hatte alles bedeckt, unschuldig und trügerisch. Die Berge standen scharf und klar vor einem leergefegten Himmel. Das Eis brach plötzlich. Schwarzes Wasser umschloss ihn wie eine Faust, schlug über seinem Kopf zusammen. Seine dicke Jacke sog sich voll und wurde schwer wie eine Weste aus Blei. Starr vor Schock war er dem nahen finsteren Grund entgegengesunken.

Gerettet hatte ihn damals seine Mutter, buchstäblich in letzter Sekunde, doch in manchen Träumen wurde aus ihrer Hand eine kräftige Männerhand, mit einer sichelförmigen Narbe auf dem Handrücken, die ihn packte wie ein kleines Kätzchen.

Seitdem mied er Wasser, sofern es tiefer war als bis zur Hüfte.

Aber hier in seinem Zimmer war kein Wasser.

Er lag in seinem Bett.

Jemand drückte ihm ein Kissen ins Gesicht.

Verzweifelt rang er um Luft, bekam jedoch nur den Baumwollstoff in den Mund. Der Holm einer Feder bohrte sich durch die Kissenfüllung und stach ihm in die Lippe, seine Nase wurde eingedrückt, und sein Körper schrie nach Sauerstoff. In heller Panik versuchte er, sich unter dem Kissen herauszuwinden, ruderte wild mit den Armen und spürte, wie sich jemand rittlings mit seinem ganzen Gewicht auf ihn setzte. Seine Lungen schienen zu platzen, er ballte die Fäuste und schlug um sich.

Jäh ließ der Druck nach.

Er riss sich das Kissen vom Gesicht. Schnappte nach Luft, dass die Lungen brannten. Im fahlen Mondlicht erkannte er kaum mehr als einen Schattenriss vor der kalt schimmernden Tapete: Eine Gestalt mit einem insektenartigen, unförmigen Kopf, die auf ihm saß und sich krümmte. Vor Schreck vergaß er für einen Moment, sich zu wehren. Die Gestalt richtete sich auf, atmete zischend. Ein Schatten wie aus Batmans Gotham City. Ihr Kopf war seltsam glatt und anstelle von Augen starrten ihn zwei faustgroße runde Glasscheiben an, in denen sich sein eig