: Gabriela Kasperski
: Nachtblau der See Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960415329
: & Meier
: 1
: CHF 7.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 368
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Schnyder und Meier ermitteln wieder. Kurz vor Beginn des Freilicht-Festspiels bei Schloss Greifensee stürzt eine junge Influencerin von der Tribüne in den Tod. Sie hätte in der Shakespeare-Komödie eine Hauptrolle gespielt. War es ein Unfall - oder wurde sie gestoßen? Werner Meier übernimmt den Fall, während Zita Schnyder ihre eigenen Interessen verfolgt und verdeckt ermittelt. Sie stößt auf ein System voller Intrigen, Korruption, Macht und Gewalt, doch die Zeit läuft ihr davon. Denn bald hebt sich der Vorhang ...

Gabriela Kasperski war als Moderatorin im Radio- und TV-Bereich und als Theaterschauspielerin tätig. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie in Zürich und ist Dozentin für Synchronisation, Figurenentwicklung und Kreatives Schreiben. Den Sommer verbringt sie seit vielen Jahren in der Bretagne. 2024 erhielt sie den »Zürcher Krimipreis« für ihren Roman »Zürcher Verstrickungen«. www.gabrielakasperski.com

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«Fertig.» Zufrieden sah sich Werner Meier um. Seit dem frühen Morgen hatte er sein kleines Büro in der Kantonspolizei Uster aufgeräumt. Nachdem er mit Zita und den Kindern aus dem Piemont-Urlaub zurückgekommen war, nutzte er den Umstand, dass er noch einige Tage Ferien hatte. Es war ein gutes Gefühl. Alle Akten waren eingeordnet, ein ganzes Regal voll abgeschlossener Fälle, die er auf Papier haben wollte; Digitalisieren war nicht seine Sache.

«Danke, Rahmadini, gut gemacht», wandte er sich an den jungen Mann mit dem Hip-Hop-T-Shirt und den Tattoos auf den Armen, der gerade das Fenster öffnete, um den Staublappen auszuschütteln und frische Luft hereinzulassen.

Miro Rahmadini, Meiers Praktikant. Oder Assistent. Eine genaue Bezeichnung gab es nicht, das Organigramm der Kantonspolizei sah eine solche Position nicht vor. Er hatte seine Lehre abgeschlossen und liebäugelte nun mit dem Polizeiberuf. Meier kannte ihn aus einem früheren Fall, Rahmadini war eine Art Projekt von ihm. Als Teenager war er einmal haarscharf an einer Verurteilung vorbeigeschrammt, jugendlicher Blödsinn. Für einen jungen Albaner schien es besonders schwierig, diesen Ruf wieder loszuwerden. Umso stolzer war Meier, dass Rahmadini es geschafft hatte. Der Antrag auf Schweizer Staatsbürgerschaft lief, und dann stünde dem Eintritt in die Polizeischule kaum etwas im Wege.

«Voll viel Platz», sagte Rahmadini.

Das stimmte, Meiers Kabuff wirkte aufgeräumt viel grösser. Es fühlte sich gut an, etwas vollbracht zu haben, das er seit vielen Jahren vor sich herschob. Meier sah in den strahlenden Nachmittag hinaus. Es hätte auch Juni sein können, nur die leicht verfärbten Blätter der Linde zeigten, dass der Sommer bald vorbei sein würde.

Es klopfte. Im Türrahmen stand Regierungsrat Mike König, in Anzug und Krawatte, adrett und hellwach. Wieso wusste er, dass Meier hier war? Offiziell hatte er noch Ferien. König war ein unermüdlicher Schaffer und mediensüchtig. Es war ein offenes Geheimnis, dass er jeden Morgen um vier aufstand, um sämtliche Netzwerke auf den neuesten Stand zu bringen.

«Meier, ein Wort», sagte er mit seiner voluminösen Stimme und zu Rahmadini: «Holen Sie uns Espresso, zweimal schwarz.»

Rahmadini zupfte sein T-Shirt lang, wippte auf den Fussballen und wiederholte gewissenhaft, was der Regierungsrat für Justiz und Inneres gefordert hatte. Und jetzt geh, signalisierte ihm Meier, der Rahmadinis Eigenheit, Aufträge mehrfach zu wiederholen, kannte.

«Ich brauche nichts, danke, Rahmadini.»

Als er weg war, betrat König das Zimmer. «Haben Sie noch nicht gepackt?», fragte er mit einer Handbewegung zum Regal.

«Gepackt?»

«Ab nächster Woche sind Sie im Aquarium.»

Was meinte König?

«Steht im Vertrag.» Er deutete auf die gehefteten weissen Blätter in der Mitte der ansonsten leeren Schreibtischplatte. «Ist er unterschrieben?»

Das hatte Meier verdrängt, obwohl er die Stelle noch vor den Ferien zugesagt hatte. Der demografischen Entwicklung geschuldet, wurde die Kantonspolizei See/Oberland in zwei eigenständige Teile aufgesplittet, und Meier war angefragt worden, das