: Christian Dörge
: MORD IN DER UNIVERSITÄT Ein Krimi aus Marburg
: Signum-Verlag
: 9783754697443
: 1
: CHF 5.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 246
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Marburg an der Lahn im Jahre 1964: Mord, Intrigen und Gewalt erschüttern die Universität der sonst so beschaulichen hessischen Kleinstadt. Hat Dr. Hochstein Selbstmord begangen oder wurde er ermordet? Wer steckt hinter dem Überfall auf die Universitäts-Sekretärin Karen Weygandt? Und schließlich: Aus welchem Grund wird der Student Tillmann Dinkel brutal ermordet? Inspektor Charles Fischbein steht vor einem Rätsel, denn alle Spuren führen in die Vergangenheit der Universität: Es hat den Anschein, als drohe die Auferstehung eines längst begrabenen Unheils... MORD IN DER UNIVERSITÄT ist ein spannender Regional-Krimi von Christian Dörge, Autor u. a. der Krimi-Serien EIN FALL FÜR REMIGIUS JUNGBLUT, DIE UNHEIMLICHEN FÄLLE DES EDGAR WALLACE, FRIESLAND und der Frankenberg-Krimis um den Privatdetektiv Lafayette Bismarck.

Christian Dörge, Jahrgang 1969. Schriftsteller, Dramatiker, Musiker, Bildender Künstler, Theater-Schauspieler und -Regisseur.

  Erstes Kapitel


 

 

»Schach!«

Frank Hochstein runzelte die Stirn und machte einen Zug mit seinem König.

Der jüngere Mann nahm den Bauern vom Brett. Zwei Bauern war er jetzt voraus, und seine Figuren standen eindeutig günstiger. Das Spiel war de facto gewonnen.

Hochstein kämpfte noch ein paar Züge lang verbissen. Dann kapitulierte er missmutig.

Draußen schlug die Universitätsuhr die volle Stunde, begleitet ein gutes Stück entfernt von der Glocke der Elisabethkirche. Vom Korridor her drangen Musik aus einem Transistorradio und das Klimpern des Klaviers aus dem Gemeinschaftsraum.

Hagen Scharnhorst füllte die leeren Gläser wieder auf. Er goss Soda in sein eigenes. Den Whisky des anderen ließ er pur.

Hochstein starrte in sein Glas und fragte unvermittelt: »Hat Fräulein Lèonhard irgendetwas über mich gesagt?«

»Nein.« Jasmin war Hagens Freundschaft mit Hochstein ein Dorn im Auge. Doch in letzter Zeit hatte sie ihn mit keinem Wort erwähnt.

Hochstein lachte bitter. »Man hat es sich augenscheinlich in den Kopf gesetzt, mich zu entlassen«, bemerkte er, während er sich eine Zigarette anzündete.

Hochstein war ein großer Mann, mager und eckig in seinen Bewegungen, mit dichtem, grauem Haar. Er war erst Ende vierzig, doch er sah älter aus. In früheren Jahren war er ein guter Wissenschaftler und Lehrer gewesen. Jetzt aber waren seine Anschauungen überholt, er war verbittert und unproduktiv. Und – er war geschieden.

Hagen kannte ihn seit jenen Tagen, als er noch zur Schule ging. Hochstein war ein Freund seines Vaters gewesen. Als Hagen vor drei Jahren seine Stellung an der Universität von Marburg angetreten hatte, wo er wie sein Vater an der naturwissenschaftlichen Fakultät tätig war, hatte Hochstein sich ihm angeschlossen. Er glaubte sich dem jungen Mann durch gemeinsame Interessen verbunden. Hagen teilte zwar diese Überzeugung nicht, doch ihm fehlte die Eigenwilligkeit oder vielleicht die Grobheit, den anderen zurückzuweisen. Er duldete Hochsteins brüske, herablassende Art, und ihre Bekanntschaft vertiefte sich allmählich.

Ihre gemeinsame Freude am Schachspiel bildete hierfür die Grundlage. Ihre Zusammenkünfte, anfangs unregelmäßig, wurden mit der Zeit zur festen Gewohnheit. Whisky und Schach, hin und wieder eine Tasse Kaffee. Viel gesprochen wurde an diesen Abenden nicht. Hochstein führte ein Leben selbstgewählter Zurückgezogenheit. Er war verschlossen und ermunterte nicht gerade zum vertraulichen Gespräch.

Umso überraschender kam seine Bemerkung an diesem Abend.

»Wer in aller Welt sollte sichdas in den Kopf gesetzt haben?«, fragte Hagen.

Hochstein spürte die Skepsis. »Seien Sie bloß nicht so verdammt überheblich«, versetzte er. Mit einer Handbewegung umfasste er das komfortabel eingerichtete Zimmer seines jüngeren Kollegen. »Sie haben’s leicht gehabt, Scharnhorst. Ihnen ist alles in den Schoß gefallen...«

Seine Worte trafen einen wunden Punkt. Hagen war fünfundzwanzig und stand bereits am Beginn