: Jen Williams
: Der Herzgräber Thriller
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104913162
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Er reißt ihnen das Herz heraus. Er vergräbt es im Wald. Dann pflanzt er Blumen. Eine junge Frau findet nach dem Suizid ihrer Mutter in deren Nachlass unzählige Briefe eines seit vielen Jahren verurteilten Serienkillers. Der erste Thriller der preisgekrönten englischen Autorin Jen Williams Als Heather Evans den Nachlass ihrer Mutter ordnet, macht sie eine erstaunliche Entdeckung: Stapelweise findet sie Briefe eines verurteilten Serienkillers. Michael Reave hatte zahlreiche junge Frauen auf bestialische Weise getötet. Seit 20 Jahren verbüßt er nun schon seine Strafe in einem Hochsicherheitsgefängnis. Doch jetzt ist wieder eine junge Frau getötet worden. Man findet sie in einem ausgehöhlten Baumstumpf. Und dort, wo eigentlich ihr Herz schlagen sollte, stecken Blumen. Genauso hatte es seinerzeit Reave zelebriert. Als eine zweite Frauenleiche gefunden wird, entschließen sich Heather und Detective Ben Parker zu einem gefährlichen Schritt. Heather soll mit Michael Reave persönlich sprechen, ihm die Fragen stellen, die nur er beantworten kann. Doch die Wahrheit wird für Heather zu einem Wettlauf um ihr Leben. Gruselig wie die fantastischen Märchenwelten der Brüder Grimm und totale Spannung bis zur letzten Seite - der erste Thriller der preisgekrönten Autorin Jen Williams. »Ein Meisterwerk!« The Times

Jen Williams lebt mit ihrem Partner und einer unmöglichen Katze im Südwesten von London. Schon als Kind war sie fasziniert von Drachen, Hexen und gruseligen Märchen. Für ihre Bücher im Fantasy-Bereich wurde sie mehrfach ausgezeichnet.  Wenn sie keine Bücher oder Beiträge für Magazine schreibt, arbeitet sie als Buchhändlerin und freiberufliche Redakteurin.

2. KAPITEL


Frierend, müde und nicht in der Stimmung, plumpe Freundlichkeiten auszutauschen, zwang sich Heather, höflich zu lächeln. Einen Moment später überdachte sie das noch einmal und ließ es bleiben – zu viel zu lächeln würde in einer Zeit wie dieser eher unangemessen wirken. Und außerdem war sie sich nur zu bewusst, dass sie ungefähr so willkommen war wie ein Hundehaufen in einem Schwimmbecken.

»Danke, dass Sie auf mich gewartet haben, Mr. Ramsey. Das ist sehr nett von Ihnen.«

Mr. Ramsey warf ihr einen finsteren Blick zu.

»Wenn du öfter hier gewesen wärst, hättest du vermutlich einen eigenen Schlüssel zum Haus deiner Mutter.« Er schniefte und ließ mit einem einzigen bronchialen Geräusch durchblicken, was er von Heather Evans hielt. »Deine arme Mutter. Ich … ich weiß, wie traurig das alles ist. Sehr traurig sogar. Einfach eine schreckliche Sache, das Ganze.«

»Ja, das stimmt.« Heather wiegte die Schlüssel in der Hand, während sie auf die hochragenden Bäume und die Sträucher schaute, die das Haus vor der Straße verbargen. »Lassen Sie sich von mir nicht aufhalten, Mr. Ramsey.«

Er versteifte, und die Tränensäcke unter seinen Augen nahmen einen noch dunkleren Farbton an. Heather blieb stumm, und die Stille legte sich wie ein Tuch über diesen wolkenverhangenen Morgen. Sie konnte an seinem Gesicht erkennen, dass er sich gerade fragte, ob er ihr einmal gehörig die Meinung sagen sollte. Aber schließlich drehte er sich um und ging zurück zu seinem Haus.

Heather stand noch einen Augenblick lang da, holte tief Luft und lauschte der Stille. Balesford war ein Ort mit frei stehenden, weit auseinanderliegenden Einfamilienhäusern und hohen Zäunen, mit Menschen, die sich alle gespenstig ähnlich sahen und gleich sprachen. Diese an Kent grenzende Gemeinde gehörte eigentlich noch zu London, war aber nicht mehr als ein blutleerer Ableger – keine Farbe, kein Leben.

Sie seufzte und klimperte mit den Schlüsseln in der Hand, bevor sie noch einmal tief Luft holte und zum Gartentor ging, das sich hinter den riesigen immergrünen Sträuchern verbarg. Auf der anderen Seite befand sich ein gepflegter Rasen mit leicht zugewachsenen Blumenbeeten, und ein Kiesweg führte zum Haus. Nichts an der Umgebung erschien außergewöhnlich. Und ganz bestimmt nicht ungewöhnlich. Trotzdem spürte Heather, wie ihr Magen sich zusammenzog, als sie durch den Garten ging. Das Haus wirkte nicht einladend, hatte es noch nie. Langweiliger Kieselrauputz rahmte trostlose Fenster ein und deutete auf ein Gebäude hin, das verschlossen war und für immer verschlossen bleiben würde. Auf dem Boden neben der Eingangstür, die in einem farblosen Beige gestrichen war, stand ein großer Terrakottatopf, gefüllt mit schwarzer Erde. In die glatte orangefarbene Oberfläche war ein Herz eingeritzt, seine Linie war zackig und überschnitt sich an der Spitze. Heather runzelte die Stirn – sie hätte nicht gedacht, dass ihre Mutter etwas für Rustikales übrig hatte – und warum war der Topf leer? Es passte nicht zu ihrer Mutter, etwas unfertig zu lassen … ein aberwitziger Gedanke, wenn man bedachte, wie alles zu Ende gegangen war. Einen Augenblick lang befürchtete Heather loszuheulen, genau da, auf dieser Treppenstufe. Stattdessen zwickte sie sich schnell in den Arm, und die Tränen wichen zurück.Dafür ist jetzt keine Zeit. Sie entdeckte ein paar Federn auf dem Boden, wahrscheinlich von einer Taube, verzog das Gesicht und stieß sie mit der Spitze ihres Joggingschuhs weg, während sie den richtigen Schlüssel im Bund suchte.

Als