: Torben Stamm
: Der Rauch in ihren Augen
: tolino media
: 9783754685273
: 1
: CHF 4.00
:
: Fantasy
: German
: 358
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Freiwall. Auf dem Friedhof betreiben Mat und Charu ein Therapiezentrum mit dem Schwerpunkt Trauerarbeit - zumindest offiziell. Denn es zählen nicht nur trauernde Angehörige zu ihren Klienten, sondern auch die Verstorbenen selbst. Mat erstellt außerdem noch Gutachten für die staatliche Kontrollbehörde. Als er hierbei mit einem entorteten Geist konfrontiert wird, ist das erst der Anfang eines Weges, der ihn in die dunkelsten Winkel der magischen Gemeinschaft und immer weiter weg von den Menschen führt, die er liebt.

Torben Stamm schreibt in seiner Freizeit gerne Krimis, Thriller und Fantasy!

7


Den Rest des Tages verbrachte Mat mit zwei menschlichen Patientinnen, die ihre Partner verloren hatten. Sie waren schon länger bei ihm in Behandlung und Mat hatte ihnen beiden schon nahegelegt, sich darüber Gedanken zu machen, die Therapie auslaufen zu lassen. Der Absprung fiel beiden aber schwer, auch wenn es eigentlich nichts mehr zu besprechen gab. Mat war es egal: Die Patientinnen konnten für sich selbst sorgen, er machte nur ein Angebot. Und er war froh darüber, diese wenig anspruchsvollen Sitzungen auf einen Dienstag legen zu dürfen, denn Eure Majestät laugte ihn immer sehr aus.

Als Mats Taschenuhr, die er vor Jahren auf einem Trödelmarkt gekauft hatte, kurz vor sechs anzeigte, machte er sich auf den Weg. Vor dem Haus konnte er seinen Atem in der kalten Dezemberluft stehen sehen und er seufzte.

Alles war ruhig.

Alles war friedlich.

Dann setzte die Orgelmusik ein und er wusste, dass sie da war.

Sie spielte immer Orgel.

Er mochte diese Art von Musik, auch wenn sie ihm jetzt etwas zu dramatisch erschien.

„Verona“, murmelte er und eilte durch die kalte Dunkelheit zu der Friedhofskappelle, die sich an das ehemalige Hausmeisterhäuschen schmiegte. Er öffnete die schwere, schwarze Tür und betrat die Kapelle.

Es war nur ein kleines Gotteshaus, dessen hohe Fenster Bilder von Heiligen zeigten. Am rechten Ende des Schiffs, auf Höhe des Altars, befand sich eine kleine Orgel, die an ein beeindruckendes Soundsystem angeschlossen war. Normalweise wurden die Lieder bei Beerdigungen nur dezent begleitet, aber wenn Verona alleine war, drehte sie die Regler gerne mal etwas höher. Mat hatte allerdings den Eindruck, dass Verona ihm auf diese Weise auch mitteilen wollte, dass sie da war und mit ihm sprechen wollte.

„Guten Abend“, rief Mat, während er auf die Frau mittleren Alters zuging, deren Finger über die Tasten flogen. Sie ignorierte Mat, setzte zu einem dramatischen Finale an und ließ die Kapelle erzittern. Dann, mit einem zufriedenen Lächeln, nahm sie die Hände von den Tasten und wandte sich Mat zu.

„Du bist zu spät“, stellte sie fest, ohne Mat irgendwie zu begrüßen.

„Eigentlich nicht. Ich habe auf die Uhr gesehen.“

„Hast du dir eine Neue gekauft oder reden wir noch von dem alten Wecker?“

„Taschenuhr. Sie kann nicht klingeln.“

„Mhmm. Wäre besser. Dir ist klar, dass dieses Teil nie genau geht?“
„Und wie lange musstest du warten? Zwei Minuten?“

„Drei. Und ich denke, wir beide wissen, wie wichtig meine Zeit ist.“

Mat seufzte, schüttelte