: Belinda Bauer
: Die verlassenen Kinder Kriminalroman
: Goldmann
: 9783641258320
: 1
: CHF 8.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 464
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein Spannungsroman der Extraklasse - nominiert für den Man Booker Prize
»Bleibt im Auto. Ich bin gleich wieder da.« Das sind die letzten Worte, die der elfjährige Jack von seiner Mutter hört. Bis sie zurückkommt, soll er auf seine beiden kleinen Schwestern aufpassen. Doch sie kommt nicht zurück, sondern wird bald darauf ermordet aufgefunden. Jahre später ist der Täter noch immer nicht gefasst, und Jack trägt noch immer die Verantwortung für Joy und Merry. Mit Einbrüchen hält er sich und seine Schwestern über Wasser. Als er endlich auf die entscheidende Spur stößt, ist er fest entschlossen, den Mord an seiner Mutter zu rächen ...

Belinda Bauer wuchs in England und Südafrika auf. Sie arbeitete als Journalistin und Drehbuchautorin und wurde mit dem renommierten Bafta Award for Young British Screenwriters ausgezeichnet. Ihr Romandebüt legte sie mit dem von Kritikern wie Lesern gefeierten Werk »Das Grab im Moor« vor, das als bester Spannungsroman des Jahres mit dem Gold Dagger ausgezeichnet wurde. Auch mit ihren weiteren Romanen wurde Belinda Bauer ihrem Ruf als Ausnahmetalent immer wieder aufs Neue gerecht. Die Autorin lebt in Wales.

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20. August 1998

Es war so heiß im Auto, dass die Sitze rochen, als würden sie schmelzen. Jack trug Shorts, und jedes Mal, wenn er die Beine bewegte, hörte es sich an, als würden Klebestreifen von den Sitzen abgezogen.

Die Fenster waren heruntergekurbelt, aber kein Lüftchen regte sich. Nur kleine Insekten zirpten, ein Rascheln wie trockenes Papier. Über ihnen hing eine einsame ausgefranste Wolke, während ein unsichtbarer Jet einen Kreidestrich über den leuchtend blauen Himmel zog.

Schweiß rann Jack den Nacken hinunter, und er schob die Tür einen Spalt weit auf.

»Lass das!«, sagte Joy. »Mummy hat gesagt, wir sollen im Auto bleiben.«

»Bleib ich ja auch«, erwiderte er. »Will’s nur ein bisschen kühler haben.«

Es war ein ruhiger Nachmittag, und es herrschte nicht viel Verkehr, doch jedes Mal, wenn ein Auto vorbeikam, wackelte der alte Toyota ein bisschen.

Wenn es ein Lastwagen war, schaukelte er heftig.

»Mach die Tür zu!«, verlangte Joy.

Jack tat es und gab ein missbilligendes Schnalzen von sich. Joy war eine Drama Queen. Sie war neun Jahre alt und brach ständig in Tränen, Gesinge oder Gelächter aus. Für gewöhnlich setzte sie ihren Willen durch.

»Wie lange ist sie jetzt schon weg?«, fragte sie mit Jammerstimme.

Jack schaute auf die Uhr. Die hatte er zum letzten Geburtstag bekommen, als er elf geworden war.

Er hatte sich eine PlayStation gewünscht.

»Zwanzig Minuten«, sagte er.

Das war gelogen. Es war fast eine Stunde her, dass das Auto gehustet und geruckelt hatte und dann knirschend auf dem Standstreifen der M5 in Richtung Süden ausgerollt und zum Stehen gekommen war. Das hieß, dass ihre Mutter sie vor über einer halben Stunde hier zurückgelassen hatte, um sich zu Fuß auf den Weg zu einer Notrufsäule zu machen.

Bleibt im Auto. Ich bin gleich wieder da.

Tja, sie warnicht gleich wieder da gewesen – und Jack bekam allmählich dieses nervige, gereizte Gefühl, das er immer kriegte, wenn seine Mutter nicht wie sein Vater reagierte. Dad hätte gewusst, was mit dem Auto los war. Er hätte nicht dagesessen und immer wieder den Zündschlüssel umgedreht, bis die Ba