Wir hängen am Radio und suchen Nachrichten aufzufangen. Der Warschauer Sender schickt Musik in den Äther, Symphonisches und dergleichen, dazwischen Meldungen, die regelmäßig mit »Uwaga, Uwaga!«[1] beginnen und unverständlich sind. Sonderbarer Eindruck. Krieg in Polen[2] und dazu diese Musik. Die Funktion des Radios, das als Geräuschkulisse nicht ausfallen darf.
Morgens müssen wir uns eine Zentnerlast vom Herzen schieben, um aufstehen zu können. Wir erheben uns sonst immer frisch und munter um 6 Uhr, selten später, aber jetzt ist’s das Gegenteil: ein furchtbares Gefühl nach dem Erwachen, ein unbeschreibliches Grauen, ein Alpdruck, man möchte die Menschheit verfluchen. Kaum weniger grauenhaft abends, wenngleich nicht so kraß, wenn wir, um ein wenig frischere Luft nach dieser Hitze zu schöpfen, nach den Kanalwiesen gehen. Kein Hauch in der Luft. Die Dämmerung über den schweigenden Wiesen, Lautlosigkeit. Im Südosten der rotglühende Stern, der Mars, und ein bitteres Gefühl in der Brust. Die Riesenhaftigkeit eines heraufbeschworenen Schicksals über Millionen, eines unmenschlichen Schicksals.
Inzwischen haben nun England und Frankreich den Krieg erklärt[3]. Da England die Garantie an Polen gegeben hatte, war das zu erwarten. Die ersten britischen Flieger über Hamburg.
Hitlers Rede vor dem Reichstag: wenn man das so hört und liest, »möchte es leidlich scheinen, allein –« ja, wenn einen nicht das Mißtrauen angesichts dieser Erklärung beseelte. Interessant die Ausführungen über den Pakt mit Rußland. Mit einem Mal, da Sowjetrußland seine Doktrin nicht nach Deutschland zu exportieren gedenkt, sieht Adolf keine Veranlassung mehr, »daß wir auch nur noch einmal gegeneinander Stellung nehmen sollen!« Der Pakt also schließt »für a