: Charlotte Link
: Einsame Nacht Kriminalroman - Der SPIEGEL-Bestseller #1
: Blanvalet
: 9783641293253
: Die Kate-Linville-Reihe
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 592
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nicht einmal der Schnee verdeckt alle Spuren ...
Mitten in den einsamen North York Moors fährt eine junge Frau allein in ihrem Wagen durch eine kalte Dezembernacht. Am nächsten Morgen findet man sie ermordet auf, in ihrem Auto, das fast zugeschneit auf einem Feldweg steht. Es gibt eine Zeugin, die beobachtet hat, dass ein Mann unterwegs bei ihr einstieg.
Ihr Freund? Ein Fremder? Ihr Mörder?
Kate Linville beginnt mit ihren Ermittlungen und ist schnell auf einer Spur, die in die Vergangenheit führt, zu einem Cold Case, in dem Caleb Hale damals ermittelt hat und der nie gelöst werden konnte ...

Millionen Fans sind von den fesselnden Spannungsromanen Charlotte Links begeistert. Psychologisch komplexe Figuren, dunkle Geheimnisse und raffiniert komponierte Kriminalfälle erwarten Sie. Alle Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.

Weitere Fälle für Kate Linville und Caleb Hale:
Die Betrogene
Die Suche
Ohne Schuld

Charlotte Link, geboren in Frankfurt/Main, ist die erfolgreichste deutsche Autorin der Gegenwart. Ihre Kriminalromane sind internationale Bestseller, auch »Ohne Schuld« und zuletzt »Einsame Nacht« eroberten wieder auf Anhieb die SPIEGEL-Bestsellerliste. Allein in Deutschland wurden bislang über 33 Millionen Bücher von Charlotte Link verkauft; ihre Romane sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. Charlotte Link lebt abwechselnd in Wiesbaden und auf dem Land in Bayern.

Prolog
Montag, 26. Juli 2010


Er lag auf dem Sofa, starrte hinaus in den Garten und fragte sich, wann der Tag endlich vorbei wäre.

Sommertage waren schlimmer als andere, weil er sich noch viel ausgeschlossener fühlte als sonst. Wolkenloser blauer Himmel, der Duft von Blumen und frisch gemähtem Gras, die warme Luft. Das Leben.

Hier drinnen war es trotz der Hitze draußen recht kühl. Und einsam.

Alvin Malory blickte sich um: Der Raum war klein und düster. Zu viele Möbel, zu schäbig, zu vollgestellt. Kein Ort, an dem man sich wohlfühlen konnte. Sein Zimmer oben im ersten Stock gefiel ihm besser, aber um dort hinzukommen, hätte er aufstehen und sich die Treppe hinaufquälen müssen. Ihn schauderte allein bei der Vorstellung. Seine schmerzenden Gelenke. Sein keuchender Atem. Zudem war die Treppe schmal, machte eine scharfe Biegung. Er hasste es, sie hinaufzugehen. Er hasste es, sie hinunterzugehen. Er hasste es, hier im Wohnzimmer zu liegen.

Er hasste sein Leben.

Um ihn herum standen leer gegessene Aluminiumbehälter und Styroporschachteln, daneben große Pappbecher, die meisten ebenfalls leer. Er hatte heute Indisch bestellt. Mehrere Portionen Reis und Lammcurry, Chicken Vindaloo, mit Gemüse gefüllte Pasteten, frittierte Teigtaschen, Fladenbrot. Und Cola. Literweise Cola. Ein Dessert aus Honig, Kokos und Mandeln, zuckersüß. Ehrlich gesagt, mehrere Desserts. Von dem, was er geordert hatte, hätte eine Großfamilie problemlos satt werden können.

Er musste die Packungen wegräumen, ehe seine Eltern nach Hause kamen. Seine Mutter wusste Bescheid, sein Vater hatte keine Ahnung. Seine Mutter würde all die Behältnisse später irgendwo entsorgen, denn im Mülleimer direkt am Haus hätte sein Vater sie bemerken können. Alvin stopfte immer alles in einen Müllsack und stellte ihn in die Speisekammer, ganz nach hinten, verdeckt von einem Regal. Seine Mutter brachte ihn später von dort weg.

Stöhnend richtete er sich auf. Wie immer, wenn er hemmungslos gegessen hatte, wurde er von heftigen Schuldgefühlen geplagt: wieder versagt. Wieder keine Selbstbeherrschung gezeigt. Wieder die Kontrolle verloren. Morgen – morgen würde er damit aufhören. Er würde nichts bestellen. Garantiert nicht. Morgen schaffte er es.

Insgeheim wusste er aber, dass er es nicht schaffen würde.

Alvin Malory war sechzehn Jahre alt, einen Meter fünfundsiebzig groß und hundertachtundsechzig Kilo schwer.

Er schlurfte in die Küche, nahm einen Müllsack aus dem Schrank, schlurfte ins Wohnzimmer zurück, sammelte die Überreste seiner Mahlzeit ein und brachte dann alles in die Speisekammer. Jeder andere Junge hätte für diese Tätigkeit höchstens fünf Minuten gebraucht, bei Alvin waren es am Ende fast zwanzig Minuten. Sich zu bücken und die Schachteln aufzuheben … hin- und herzugehen … Wohnzimmer, Küche, Wohnzimmer, Küche … Allein davon taten ihm alle Knochen weh, und er war schweißgebadet.

Vor allem war ihm so schwer ums Herz, und er hatte wieder das Gefühl, tiefinnerlich zu frieren, trotz der Hitze. Als würde seine Seele frösteln. Eine kaum ertragbare Traurigkeit, gemischt mit einer verzweifelten Wut. Er sah sich selbst mit glasklarem Blick, wie er hier im Haus herumschlich und schwitzte, anstatt wie andere Jugendliche seines Alters am Strand zu sein oder beim Fußballspielen oder beim Eisessen mit Freunden. Es war Sommer, und er hatte Ferien.