: Martin Mosebach
: Das Bett Roman
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423401197
: 1
: CHF 8.00
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: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
»Ein Roman, in dem exzellent präsentierte Charaktere gelingen: Stephan Korn ist vielleicht eine der besten Schilderungen einer deutsch-jüdischen Existenz zwischen den Zeiten.« Die Presse »Ein Roman, in dem exzellent präsentierte Charaktere gelingen: Stephan Korn ist vielleicht eine der besten Schilderungen einer deutsch-jüdischen Existenz zwischen den Zeiten.« Die Presse Als Stephan Korn bei Kriegsende nach Frankfurt am Main zurückkehrt, findet er eine fremde, schrecklich veränderte Welt vor. Umso leidenschaftlicher flüchtet er sich in das Bett seiner ehemaligen Kinderfrau Agnes, wo er sich kindlichen Regressionen hingibt. Nach wie vor schlägt die Amme den deutsch-jüdischen Fabrikantensohn in den Bann ihrer magischen Kräfte. Aber auch zwiespältige Gefühle stellen sich ein. Auf seine Umgebung wirkt Stephan betörend - und Agnes ist nicht die einzige Frau, die sein Leben entscheidend beeinflußt. Da ist zum Beispiel noch Florence, die aus falschen Indizien die richtigen Schlüsse zu ziehen pflegt, und die schöne, wilde Baltin Aimée, mit der Stephan eine heftige Affäre eingeht. Nur das kleine Engagement, andere zu lieben, bringt er nicht auf. Eine rätselhafte Mattigkeit umgibt ihn. Der Roman zeichnet das authentische Bild einer Generation, deren Jugend durch Krieg und Nachkriegszeit unwiderruflich geprägt wurde.

Martin Mosebach, geboren 1951 in Frankfurt am Main, war zunächst Jurist, dann wandte er sich dem Schreiben zu. Seit 1983 veröffentlicht er Romane, dazu Erzählungen, Gedichte, Libretti und Essays über Kunst und Literatur, über Reisen, auch über religiöse, historische und politische Themen. Über die Jahre erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, etwa den Kleist-Preis, den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, den Georg-Büchner-Preis und die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt. Er ist Mitglied der Akademie für Sprache und Dichtung, der Deutschen Akademie der Künste in Berlin-Brandenburg sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Zuletzt veröffentlichte er den Roman »Taube und Wildente«. Er lebt in Frankfurt am Main. 

II.


Stephan Korn nahm, die Wünsche meiner Mutter wohl kennend, schon auf die erste, noch moderate Aufforderung seinen zweiten Bratapfel, als er überraschend an unserem Mittagstisch erschien, und ich vermute, daß es seine Folgsamkeit war, die meine jüngere Tante zu ihrer Ablehnung eines weiteren Apfels brachte, als sich die Schüssel ihr näherte, eine Ablehnung, die ungestraft und sogar unbesprochen blieb, und zwar, wie ich jetzt begriff, weil nur noch ein einziger Apfel in der Schüssel lag, der für meinen Vater bestimmt war, wie meine jüngere Tante wohl wußte. Stephan Korn, der dagegen nicht wissen konnte, daß der letzte Apfel bereits vergeben war, ahnte nicht, daß er, als er weit übersättigt an seinem zweiten Apfel nagte, damit die Nachspeise meiner Tante verzehrte, was ihm, dem immer Beflissenen, großen Kummer bereitet hätte. Aber meine Mutter erkannte das schnell entschlossene Opfer ihrer Schwester hoch an und warf ihr belohnende und ermutigende Blicke zu. Beide Frauen genossen diesen Augenblick, in dem sie durch kluge Verzichtleistungen bei Stephan Korn den Eindruck der Fülle unserer Tafel erzeugten, und meine jüngere Tante hätte als Steigerung nur empfund