: Gabriela Kasperski
: Zürcher Verstrickungen Kriminalroman
: Emons Verlag
: 9783960419792
: 1
: CHF 9.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein mitreißender Krimi über die Schuld einer Stadt und das Trauma einer Familie. Auf einem Zürcher Filmfestival feiert ein umstrittenes Dokudrama über die kolonialistische Vergangenheit der Stadt Premiere. Als eine junge Frau im Archivmaterial ihre lange verschollene Mutter zu erkennen glaubt, nehmen Werner Meier und Zita Schnyder Ermittlungen in dem Cold Case auf. Die Spuren führen die beiden zur Familie der Filmregisseurin - und hinter Reichtum und Renommee tun sich menschliche Abgründe auf.

Gabriela Kasperski war als Moderatorin im Radio- und TV-Bereich und als Theaterschauspielerin tätig. Heute lebt sie als Autorin mit ihrer Familie in Zürich und ist Dozentin für Synchronisation, Figurenentwicklung und Kreatives Schreiben. Den Sommer verbringt sie seit vielen Jahren in der Bretagne. www.gabrielakasperski.com

1

Montag

«Es hat geklingelt.» Zita wand sich aus Meiers Armen. Auf seiner Stirn glitzerte Schweiss, das Haar war verwuschelt, im Kerzenlicht bemerkte sie silberne Strähnen.

«Ich denke eher, dass Sergeant Pepper gewinselt hat.» Meier horchte. «Da, schon wieder. Ich sag’s dir: Unser bretonischer Hund verträgt kein Zürcher Wintergewitter. Gleich fängt’s nämlich an zu kübeln.»

«Ich sehe lieber mal nach.» Zita schlüpfte in sein Hemd und stand auf. Als sie sich reckte, um das Dachfenster runterzuklappen, vernahm sie Stimmen aus dem Garten.

«Kommt Jessie erst jetzt nach Hause? Und bringt ausserdem jemanden mit?»

«Na, wenn schon …» Meier war milde mit der Pflegetochter. Zu milde, dachte Zita, die sich in einem Dauerkriegszustand mit ihr befand.

«Sie hat Vertrauen zu uns, sonst würde sie sich das nicht trauen. Es sind Teenager-Schwurbeleien.»

«Jessie ist grad sechzehn geworden. Wir haben Abmachungen hier.»

«Du bist zu streng.»

«Eine muss es ja sein. Lily und Jessie wickeln dich beide um den Finger.»

«Bei Frauen …»

«Keine Pauschalisierungen, bitte. Ausserdem … Lily ist vier.»

«Bei den weiblichen Mitgliedern dieses Haushalts bin ich hoffnungslos nachgiebig. Wie du weisst.»

«Das klingt nett. Ist aber feige. ‹Ich schaffe es nicht, Nein zu sagen, übernimm du das.› Genau das macht unseren Mental Load so exorbitant.»

«Sprich Deutsch bitte. Ausserdem dachte ich, du willst keine Pauschalisierungen.»

Zita musste lachen. Solche Auseinandersetzungen erinnerten sie an früher, als Meier noch ein Streichquartett hatte und sie als junge Masterstudentin zum ersten Mal in einen seiner Kriminalfälle hineingezogen wurde.

Barfuss tappte sie über die Dielen zur Tür des Dachzimmers und dann die schmale Stiege hinunter. Im ersten Stock hielt sie inne. Alles gut, schwerer Kinderatem kam aus den halb geöffneten Türen. Die Jungs, Theo und Finn, acht und bald sechs, waren zu zweit, und Lily wurde von Sergeant Pepper bewacht. Er hob ein Augenlid und blinzelte sie an. Nein, von Wetterstress war da nichts zu spüren.

«Die Person, die ich suche, heisst Zita. Ich muss mit ihr sprechen.»

Diesmal hatte sie die Stimme ganz deutlich vernommen, sie drang vom Eingang unten durchs Treppenhaus, sprach Englisch, klang aufgeregt.

«Wohnt sie nicht hier? Zita Schnyder?»

«Meine Mam schläft.»

Meine Mam? Hatte ihre Pflegetochter sie gerade Mam genannt? Zita war gerührt und verzieh ihr augenblicklich alles.

Sie stieg die restlichen Stufen hinunter in den Flur, wo sie durch die halb geöffnete Haustür Jessies unförmige Vintage-Parka sah. Die Unterhaltung spielte sich auf dem Vorplatz ihres Häuschens im Sonnenbergquartier ab, eiskalte Luft drang herein.

«Was ist denn hier los?»

«Die Tür soll nicht offen stehen wegen der Holzheizung, ich weiss.» Zita erntete einen Blick aus Jessies mit Kajal umrahmten Aug