1.
Vor der Schlacht
»Unser Versteck ist so schön, dass man sterben möchte«, sagte Gucky.
Mondra Diamond schaute ihn an und schüttelte den Kopf. »Nicht witzig, Kleiner. Gar nicht witzig.«
Der Mausbiber seufzte. »Liegt vielleicht daran, dass mir gar nicht nach Witzen zumute ist. War wohl eher so eine Art Reflex. Es gibt eine passende Situation, und ich reiße einen Scherz.« Er schnippte mit den Fingern.
Er war nach einer Erkundungsmission in der RADONJU zu ihrem Versteck in der alten Lagerhalle zurückgekehrt. Dort hatte Mondra mit der Waffe in der Hand auf ihn gewartet.
Sie rechneten jederzeit damit, entdeckt zu werden; entweder zufällig oder weil Protektor Kaowen wegen irgendwelcher Sensorenbeobachtungen eine gezielte Schiffsdurchsuchung anordnete, um sie aufzustöbern.
Ihr Versteck lag in einem ebenso kalten wie kahlen Zwischenraum hinter einem Aggregatekomplex und vor einer Metallwand. Das ständige Surren, lediglich unterbrochen von kurzen Ruhephasen, raubte einem nach einigen Stunden den letzten Nerv. Beide verspürten erste Ansätze zur Aggressivität im Umgang miteinander.
Aus einem Container in dieser weitläufigen Lagerhalle kamen in unregelmäßigen Abständen scharrende Geräusche. Gucky vermutete, dass die Xylthen darin entweder Lebendnahrung hielten oder dass sich Ungeziefer eingenistet hatte.
Beides gefiel ihm nicht, wobei er die Ungeziefer-Variante vorzog. Dies nämlich würde bedeuten, dass in dieser Halle nicht oft nach dem Rechten geschaut wurde. Handelte es sich tatsächlich um Nahrungsmittel und damit um eine Speisekammer, sah das ganz anders aus.
»Hast du etwas herausgefunden?« Mondra saß auf dem Boden, den Rücken gegen die kalte Wand gelehnt und die Beine ausgestreckt. Den linken Fuß bewegte sie leicht hin und her – wie zum Rhythmus einer unhörbaren Melodie.
Gucky setzte sich neben sie. Er kannte sie gut genug, um das unausgesprocheneHoffentlich mithören zu können. Was das anging, brauchte er gute Nachrichten. Oder zumindest überhaupt Nachrichten. Denn er hatte zwar tatsächlich etwas herausgefunden, abergut war das nicht ...
»Na?«, bohrte sie nach.
»Ich war nahe genug an der Zentrale, um die Gedanken eines Offiziers wenigstens bruchstückhaft auffangen zu können.«
»Und?«
Der Multimutant sah seine Begleiterin lange an. »Wir haben doch damit gerechnet, dass wir mitten ins Herz der Gefahr teleportieren, als wir in die RADONJU gesprungen sind, richtig?«
Mondra nickte mit zusammengepressten Lippen. »Mir schwant Übles.«
Und das ganz zurecht. Das Aggregatemonstrum vor ihnen beendete knackend eine seiner aktiven Phasen. Wie um die Stille zu zerreißen, schabte und kratzte es aus dem Container.
»Die RADONJU ist zu einem Treffpunkt unterwegs«, gab Gucky weiter, was er telepathisch in Erfahrung gebracht hatte. »Dort zieht Kaowen eine riesige Flotte zusammen. Über 50.000 Zapfenraumer.«
Mondra verzog gequält das Gesicht. »Bist du dir damit sicher?«
Langsam und bedächtig tippte sich der Mausbiber gegen die pelzige Stirn. »Ich war lange genug weg, um ... hm,nachhorchen zu können. Wir sitzen also bald nicht nur mitten in einer feindlichen Übermacht, sondern in einer verdammt großen feindlichen Übermacht.«
Im nächsten Moment bewies Mondra Diamond, dass sie Gucky genauso gut einschätzen konnte wie er sie. »Aber das ist noch nicht mal das Schlimmste, richtig?«
Der Mausbiber klopfte mit dem Biberschwanz auf den Boden. »So ist es. Kaowen weiß von der Sternraumer-Flotte beim ehemaligen Kalten Raum. Er kennt das ...« Gucky zögerte. »Er kennt das neue Hauptquartier des Verzweifelten Widerstands«, setzte er neu an.
»Er plant also einen Angriff?«
»Sofort nach dem Treffen fliegen die Einheiten weiter. Es wird ein Fiasko, Mondra! Der Widerstand ist viel zu schwach, die Übermacht der Xylthen wird ihn hinwegfegen. Nur Ramoz als Seele der Flotte wäre vielleicht in der Lage, sich mit der Armee der alten Oraccameo-Raumer zu verteidigen oder sich sogar aktiv zur Wehr zu setzen, aber er ist noch nicht so weit. Zu viele Sternraumer sind noch defekt. Die Reparaturvorgänge gehen zu langsam voran.«
Mondra zog die Beine an, schlang die Arme um die Unterschenkel. Die Waffe legte sie zwischen den Füßen ab. Nah genug, um sie notfalls binnen eines Lidschlags zu greifen.
»Ein Fiasko?«, fragte sie. »Nicht, wenn wir es verhindern können.«
»Aber wie?«
»Die Antwort kann ich dir leider nicht geben. Noch nicht. Aber Gucky?«
»Hm?«
»Warum hast du vorhin gezögert?«
Er wusste sofort, worauf sie anspielte. Als er ihr mitgeteilt hatte, dass der Protektor den geheimen Sammelplatz des Widerstands bei der grünen Sonne kannte, war er ins Stottern geraten. »Ich hatte sagen wollen, dass Kaowenunser Hauptquartier ausfindig gemacht hat. Aber das stimmt nicht. Wir beide gehören nicht dazu, genauso wenig wie Perry. Wir sind Fremde in dieser Galaxis, und wir werden das immer bleiben.«
Sie widersprach nicht. Natürlich nicht; denn sie empfand es ebenso wie er. »Aber das ändert nichts daran, dass wir etwas tun müssen! Wir brauchen einen Plan.«
»Eine erste Idee kann ich dir liefern«, sagte Gucky entschlossen. Erneut wallte die alte Wut in ihm, ja fast der Hass auf denjenigen, der wiederholt den Einsatz der Weltengeißel befohlen und damit ganze Planetenbevölkerungen ausgerottet hatte. »Wir sorgen für Unruhe und Chaos in der RADONJU.«
»Und wie?«
Der Mausbiber sah sie an in einer Mischung aus Traurigkeit und Zorn. »Wir töten Kaowen.«
*
Perry Rhodan wusste nicht, ob er einfach nur traurig sein oder dem aufsteigenden Zorn Raum geben sollte. Ramoz verheimlichte etwas vor ihm. Das vermutete er nicht nur, das spürte er in jeder Geste, in jedem Wort seines Gegenübers.
»Seit wir zum Sammelpunkt zurückgekehrt sind, versuche ich mit dir zu reden«, sagte der Terraner. Vor ihm in seinem Quartier in MIKRU-JON schwebte ein Holo, das seinen Gesprächspartner zeigte.
Der Zasa schien völlig erschöpft zu sein, verzog hin und wieder das Gesicht, als würde er Schmerzen leiden. »Ich habe keine Zeit dafür«, sagte er so nuschelnd, dass Rhodan die Worte kaum verstand:Ichabekeinzeitfür. »Also lass mich in Ruhe!«
»Du bringst Teile der alten Or