Florence
Eine modrige Kälte beherrscht den Tower of London und arbeitet sich langsam, aber sicher in jede Faser meines Körpers vor. Hinter dem winzigen Fenster meiner Zelle scheint zwar die Junisonne, doch nichts von ihrer Wärme sickert zu mir durch. Ich zittere immerzu, und obwohl ich mich weit oben in einem der Türme befinde, vermitteln mir die dicken Backsteinmauern das Gefühl, als wäre ich lebendig begraben.
Seit zwei Tagen bin ich hier eingesperrt. Es waren zwei Tage in quälender Ungewissheit, allein mit Scham und Schuld, Wut und Trauer. Mein Kopf hat noch nicht verstanden, was passiert ist. Mein Herz jedoch hängt längst in blutigen Fetzen.
Ich fühle mich so verdammt hilflos. Obwohl mir klar ist, dass mein gesamtes Leben gerade in Scherben liegt, kann ich nichts tun, um das zu ändern. Vermutlich sollte ich schreien, toben, weinen. Doch ich bin seltsam losgelöst von mir selbst, als wäre die echte Florence irgendwo außerhalb dieser Mauern, wo ich sie nicht erreiche.
Meine Finger und Zehen sind taub von der Kälte, mein Kopf ist vernebelt, meine Gefühle sind verheddert. Das Einzige, was klar und deutlich bleibt, wie Salz in einer offenen Wunde, ist die Erinnerung an die letzten Minuten der Sonnenwendfeier. An Benedicts wutentbranntes Gesicht und Vals eiskaltes Lächeln.
Ich muss es nicht verstehen, um zu wissen, was passiert ist. Es gibt nur eine einzige logische Erklärung für das Desaster, das sich an diesem Abend zugetragen hat.
Mein Bruder hat mich verraten.
Valerian hat mir seine Unterstützung zugesichert und im nächsten Atemzug meinen Sekt vergiftet, um an den König heranzukommen. Vermutlich ist der einzige Grund dafür, dass Benedict noch lebt, die Tatsache, dass ich das Glas nur halb ausgetrunken habe. Vielleicht wäre die Betäubung sonst stärker gewesen und der Silberdolch in Vals Hand hätte sein Ziel nicht verfehlt.
Der Gedanke lässt mich erschaudern. Ich bin froh, dass Benedict noch lebt, doch er hat mich kein einziges Mal hier aufgesucht. Ich bin weiterhin eine Gefangene. Und das lässt mich vermuten, dass er mich nie wieder ansehen wird wie früher. Dass alles, was wir hatten, in dieser Nacht zerstört wurde. Dass ich ihn verloren habe, obwohl ich doch eben erst beschlossen hatte, für ihn zu kämpfen.
Ich habe für diesen Mann all meine Überzeugungen hinter mir gelassen. Habe sie schmerzhaft aus meiner Seele seziert, nur für den Hauch einer Chance auf eine Zukunft mit ihm, die mir nun entrissen wurde.
Rückblickend betrachtet schockiert mich nicht mehr, dass ich Benedict liebe, sondern nur, wie lange ich gebraucht habe, um es zu merken. Letztendlich habe ich