Kapitel 2: Kindheit& Jugend (1971–1988)
Pretoria, Südafrika. Eine Stadt, in der sich britische Kolonialarchitektur mit der trockenen Weite des Highveld verbindet. Hier beginnt die Geschichte von Elon Musk, geboren am 28. Juni 1971 – ein Kind zwischen zwei Welten. Auf der einen Seite eine privilegierte, weiße Oberschicht in einem vom Apartheid-Regime kontrollierten Land. Auf der anderen Seite: die internationale Isolation, die politische Spannung, die klaffende Kluft zwischen technologischer Zukunft und gesellschaftlicher Rückständigkeit.
Elons Vater, Errol Musk, ist Elektroingenieur – gebildet, technisch versiert, wohlhabend, aber in den Erzählungen des Sohnes eine ambivalente Figur. Mal als brillanter Tüftler beschrieben, mal als manipulativer Einfluss. Seine Mutter, Maye Musk, hingegen tritt mit Klarheit und Unabhängigkeit auf – eine gebürtige Kanadierin, Model, später Ernährungswissenschaftlerin. Nach der Scheidung bleibt Elon zunächst beim Vater, eine Entscheidung, die er Jahre später öffentlich bereut. Das Verhältnis zur Familie ist von Anfang an komplex, geprägt von Umzügen, Brüchen und Autonomie.
Schon als Kind zeigt Elon eine starke Introvertiertheit. Lehrer berichten, dass er oft stundenlang in Gedanken versunken dasaß, kaum ansprechbar. Es wird sogar vermutet, er sei taub. Tatsächlich denkt er einfach anders – fokussierter, innerlich versponnen. Er liest viel, mehr als man ihm zutraut: Enzyklopädien, Fantasyromane, technische Handbücher. Als andere draußen spielen, liest Elon „The Hitchhiker’s Guide to the Galaxy“ – ein Buch, das seine Weltanschauung stärker prägt als jede Schulstunde.
Technik zieht ihn früh an, aber es ist nicht das bloße Interesse eines Bastlers. Es ist eine Art Fluchtmöglichkeit. In der realen Welt, besonders in der Schule, ist Elon kein beliebtes Kind. Er wird gemobbt, mehrfach verprügelt, sogar krankenhausreif geschlagen. Die Gewalt in den Schulhöfen von Pretoria ist direkt, körperlich – und sie trifft besonders diejenigen, die schwach wirken, anders sind, nicht dazugehören. Musk gehört eindeutig zur letzten Gruppe.
Zuhause allerdings steht ihm ein entscheidender Zugang offen: der Computer. In den frühen 1980ern bekommt Elon einenCommodore VIC-20, einen der ersten Heimcomputer mit BASIC-Programmiersprache. Er lernt nicht nur, damit umzugehen – er bringt sich innerhalb weniger Tage selbst das Programmieren bei. Ohne Kurs, ohne Lehrer, mit einem Handbuch, das eigentlich für Erwachsene geschrieben ist.
Mit zwölf Jahren entwickelt er sein erstes eigenes Spiel:Blastar. Es ist ein simples Weltraumspiel – mit rudimentärer Grafik und Sound, aber für sein Alter technisch überraschend sauber gebaut. Ein Magazin für Heimcomputer kauft ihm den Code für500 südafrikanische Rand ab – umgerechnet damals rund 500 Dollar. Es ist kein kommerzieller Durchbruch, aber ein erstes Signal: Musk will nicht nur Nutzer sein – er will Schöpfer sein. Kontrolle haben, Systeme bauen, die Welt aus Code formen.
Dieser Moment wird später oft als symbolischer Anfang seiner Karriere dargestellt – der Junge, der früh das Universum auf dem Bildschirm kontrolliert. Doch damals ist es vor allem ein stiller, fast beiläufiger Erfolg. Es gibt keine Feier, kein Rampenlicht. Nur ein Zwölfjähriger, der zum ersten Mal für seine Gedankenwelt bezahlt wird.
Die Familie Musk ist nicht arm an Ressourcen – finanziell, intellektuell, geografisch. Aber sie ist auch nicht stabil. Elons Vater Errol besitzt Anteile an mehreren Unternehmen, darunter Immobilien und ein angebliches Beteiligungsprojekt an einer Smaragdmine, das in späteren Jahren zur mythenumrankten Erzählung wurde. Elon selbst hat diesen Teil der Familiengeschichte widersprüchlich dargestellt – mal heruntergespielt, mal indirekt bestätigt. Sicher ist nur: Geld war vorhanden. Doch emotionale Nähe? Weniger.
Errol Musk gilt als intelligent, aber unberechenbar. In Interviews beschreibt Elon ihn als jemanden, der Menschen „verheerende Dinge antun kann“ – ohne Reue. Auch von Geschwistern und seiner Mutter wird das Verhältnis distanziert geschildert. Es ist kein