Kapitel 2 – Die Technik des Sehens ohne Augen
Es gibt eine Fähigkeit, die in jedem von uns schlummert – verborgen unter Schichten von Lärm, Ablenkung und Zweifel. Eine Fähigkeit, die jenseits der fünf Sinne liegt und doch präzise Informationen liefert, oft mit einer Genauigkeit, die selbst erfahrene Analysten stutzig macht. Sie nennt sichControlled Remote Viewing, kurzCRV, und sie ist der strukturierte Weg in das Unsichtbare.
Remote Viewing war in seinen Anfängen eine spontane, unkontrollierte Gabe. Einzelne Individuen – meist mit ausgeprägter Intuition – gaben an, Eindrücke von weit entfernten Orten empfangen zu können. Doch wie bei jeder Fähigkeit, die auf individuellem Talent beruht, war die Verlässlichkeit begrenzt. Die Geheimdienste, besonders im Kontext des Stargate Projects, brauchten mehr: ein System, das unabhängig vom individuellen Charisma funktionierte. Etwas, das ausgebildet, repliziert und operationalisiert werden konnte.
Hier tratIngo Swann erneut ins Licht. Er war nicht nur ein herausragender Viewer, sondern auch ein systematischer Denker. Gemeinsam mit Harold Puthoff und Russell Targ entwickelte er ein Protokoll, das den chaotischen Strom innerer Eindrücke in eine methodische Struktur brachte: das CRV-System. Es war nicht spirituell, nicht esoterisch, sondern militärisch gedacht – als Werkzeug zur Informationsgewinnung, vergleichbar mit einem Funksignal, das korrekt empfangen und dekodiert werden musste.
CRV basiert auf einem einfachen, aber tiefgreifenden Prinzip:Das menschliche Bewusstsein ist in der Lage, auf ein universelles Informationsfeld zuzugreifen. Dieses Feld enthält alle Orte, Objekte, Ereignisse – unabhängig von Raum und Zeit. Die Schwierigkeit besteht nicht darin, diese Information zu empfangen, sondern darin, sie vom Rauschen des eigenen Verstandes zu trennen.
Swanns Protokoll sah sechs aufeinanderfolgendeStufen vor, die den Viewer Schritt für Schritt von der Oberfläche des Zieles bis in dessen tiefere Strukturen führen sollten. Dabei war jede Phase klar definiert, und der Viewer arbeitete stets „blind“ – ohne zu wissen, worum es bei der Session geht. Nur eine zufällige Zahlenkombination, das sogenannteTarget Reference Number, diente als Fokuspunkt. Alles andere musste aus dem Innern kommen.
In derersten Stufe geht es um grobe Sinneseindrücke: Ist der Ort heiß oder kalt? Hell oder dunkel? Bewegt oder ruhig? Farben, Temperaturen, Geräusche – alles, was spontan aus dem Unbewussten aufsteigt, wird niedergeschrieben. Es ist ein vorsichtiges Tasten, kein Deuten.
Diezweite Stufe erweitert diesen Eindruck um strukturelle und sensorische Elemente: Texturen, Größenverhältnisse, Materialbeschaffenheit. Hier beginnt sich ein erstes Bild zu formen, das jedoch bewusst fragmentarisch bleibt. Der Viewer beschreibt, nicht interpretiert.
Diedritte Stufe ist visuell orientiert. Jetzt darf – nein, muss – gezeichnet werden. Skizzen, Raumverhältnisse, Bewegungsrichtungen. Oft tauchen an diesem Punkt erste markante Merkmale auf: eine Turmstruktur, eine Kuppel, ein Abgrund. Noch weiß der Viewer nicht, was er „sieht“, doch das Bild gewinnt an Kontur.
In dervierten Stufe beginnt die analytische Durchdringung. Der Viewer tritt in Dialog mit seinem inneren Wissen: Welche Funktion hat das Ziel? Was geschieht dort? Wer ist beteiligt? Nun fließen Konzepte ein, Gefühle, Absichten – der geistige Zugriff wird tiefer.
Diefünfte und sechste Stufe schließlich ermöglichen komplexe Analysen und kreative Repräsentationen. Hier können Zeitlinien beschrieben, Perspektiven gewechselt, symbolische Elemente entschlüsselt werden. Es ist der Moment, in dem sich die Session entweder zur Klarheit erhebt – oder im Nebel innerer Projektion verliert. Disziplin ist hier alles.
Was CR