Kapitel 1 – Genesis 6:4
„Es waren zu der Zeit Riesen auf Erden…“
Die vergessene Genesis einer anderen Menschheit
„Es waren aber zu der Zeit Riesen auf Erden; und auch danach, da die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren. Das sind die Helden der Vorzeit, die berühmten Männer.“
(Genesis 6:4, Lutherbibel)
Diese kurze, oft überlesene Passage zählt zu den rätselhaftesten Stellen des Alten Testaments – und zu den gefährlichsten. Denn sie legt nahe, dass die Frühzeit der Menschheitnicht nur von Menschen bevölkert war, sondern auch vonhybriden Wesen, gezeugt durch eine mysteriöse Verbindung zwischen „den Söhnen Gottes“ und „den Töchtern der Menschen“. Die Folge:Nephilim – häufig übersetzt mit „Riesen“, wörtlich eher „die Gefallenen“.
Es handelt sich um einen Textabschnitt, derlange Zeit aus dem theologischen Diskurs verdrängt wurde. Kirchenväter umschifften ihn, moderne Bibelkommentatoren erklärten ihn weg. Und doch ist er da – schwarz auf weiß – als Teil der Urgeschichte. Eine Genesis, die nicht nur vom Sündenfall erzählt, sondern von einemEingriff in die menschliche Linie, dessen Spuren tiefer reichen als jede Flut.
Wer sind die „Söhne Gottes“?
Die hebräische Bezeichnung lautetbene ha-Elohim – wörtlich „Söhne der Götter“ oder „Söhne Gottes“. In frühen jüdischen Texten – etwa im Buch Hiob (1:6) oder in apokryphen Schriften – ist diese Bezeichnung eindeutig aufEngelswesen oderhimmlische Boten bezogen. Keine allegorische Bezeichnung für die „gläubigen Männer“, wie später behauptet, sondern Wesenjenseits des Menschen.
Im Kontext von Genesis 6 bedeutet das: Nicht nur wurde die Erde von Menschen besiedelt, sondern auch vonWesen aus einer anderen Daseinsebene, die – warum auch immer – begannen, mit Menschenfrauen Nachkommen zu zeugen. Und diese Kinder waren keine gewöhnlichen Menschen. Sie waren:
„Die Helden der Vorzeit, die berühmten Männer.“ (hebräisch: gibborim)
Der Begriffgibborim verweist aufStärke, Ruhm, Überlegenheit. Später wird er auch für Krieger, Könige und legendäre Figuren wie Nimrod verwendet. Diese „Helden“ sind nicht einfach nur stark – sie sindanders.
Nicht geboren aus natürlicher Ordnung, sondernErgebnis einer Grenzüberschreitung.
Nephilim – Gefallene oder Gefallene Schöpfer?
Das WortNephilim stammt vom hebräischen Verbnpl („fallen“). Es kann sowohl „die Gefallenen“ als auch „die, die fallen machen“ bedeuten. Hier beginnt der semantische Doppelcharakter dieser Wesen:
AlsGefallene sind sie Ergebnis eines himmlischen Ungehorsams: Engel oder Götter, die ihre Sphäre verlassen und „herabsteigen“.
AlsFallende/Mächtige sind sie Wesen, die auf Erden Einfluss ausüben, Menschen beherrschen, Städte bauen, Zivilisationen gründen – aber immer aus einer Position des Andersseins.
Die Nephilim sind also nicht nur Wesen der Vergangenheit – sie sind einMuster, das sich wiederholt: Wesen, dieGrenzen überschreiten, dieW