: Barbara Nothegger
: Sieben Stock Dorf Wohnexperimente für eine bessere Zukunft
: Residenz Verlag
: 9783701747504
: 1
: CHF 16.20
:
: Erzählende Literatur
: German
: 224
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein unterhaltsamer und lebensnaher Erfahrungsbericht über das Wohnen in Gemeinschaft. Wie wir wohnen, beeinflusst, welches Leben wir führen - ob wir einsam sind, wie viel wir zur Klimawende beitragen, wie hart wir arbeiten müssen, um die Wohnkosten zu decken. Als Barbara Nothegger ein neues Zuhause für ihre junge Familie suchte, trieben sie genau diese Fragen an. Trotz vieler Einwände wagte sie das Experiment und schloss sich mit ihrer Familie einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt in Wien an. Hundert Menschen bauten sich ein Haus mit vielen Gemeinschaftsräumen und Freiflächen, die die Bewohner*innen zum Zusammenkommen, Teilen und Austauschen einladen. Nach mehr als zehn Jahren im Wohnprojekt zeigt Nothegger in einer humorvollen Anleitung, wie eine moderne Gemeinschaft gelingen kann und gute Nachbarschaft ein klimafreundliches Leben erleichtert.

Barbara Nothegger geboren 1978, studierte Handelswissenschaften in Wien und Mexico City. Sie arbeitet seit vielen Jahren als Wirtschaftsjournalistin und schrieb u. a. für 'Die Zeit', 'Trend', 'Kurier' und 'Fleisch Magazin'. 2013 zog sie mit ihrem Mann und zwei Söhnen in das Wohnprojekt Wien. Das Haus erhielt 2014 den Österr. Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit und wird 2025 gemeinsam mit den anderen von einszueins Architekten geplanten Wohnprojekten mit dem UN World Habitat Award ausgezeichnet.

Zuhause


»Welche Uni besuchen? Welche Karriere verfolgen? Wen heiraten? Alles wichtige Fragen – aber keine so bedeutend wie die wichtigste Entscheidung, die du jemals zu trefen hast: wo du leben sollst.«

RichardFlorida, »Who'syourcity?« (2008)

Es gibt Momente im Leben, in denen die großen Fragen auftauchen. Jahrelang leben wir dahin, ohne uns näher Gedanken über das Wie, Wo und Warum zu machen. Doch meistens passiert es dann doch, dass das Leben plötzlich an die Tür klopff und Entscheidungen verlangt: Wohin soll es gehen, mit wem und wie? In meinem Leben ist dieser Moment, als ich erfahre, dass ich schwanger bin. Ich bin überglücklich, dass mein Freund Clemens und ich Eltern werden. Doch es fühlt sich auch an, als stünde ich an einer Schwelle, an der nun bestimmte Fragen dringend beantwortet werden müssen: Wie soll unser Kind aufwachsen? Auf dem Land oder in der Stadt? Wer wird für unser Kind da sein, außer wir Eltern? Wird es frei aufwachsen können, zwischen Wiesen und Feldern so wie wir damals? Welche Freunde wird es haben? Und wird es sich geliebt, sicher und geborgen fühlen? Egal, welche Bilder ich mir in meinem Kopf ausmale, welche Möglichkeiten ich durchspiele – all diese Überlegungen münden am Ende doch in der immer gleichen Frage: Wie wollen wir wohnen?

Als ich ein Kind war, hatten ich und meine beiden Schwestern ein Spiel, das sich einfach nur »Haus« nannte. Es war eine Art Fantasiespiel, das wir selbst erfunden hatten. In der alten Garage unserer Tagesmutter Rosi schoben wir verstaubte Sesseln zusammen, legten Holzstücke und Steine auf den Boden, sammelten Besen, Schaufeln und alte Töpfe. Wir nahmen zerschlissene Decken und zimmerten uns aus all diesen Gegenständen Räume. Viele Stunden verbrachten wir damit, in unserer Vorstellung Essen zuzubereiten, Gäste in unseren Wohnzimmern zu empfangen und uns gegenseitig zu besuchen. Ich stellte mir dabei immer vor, wie mein eigenes Zuhause sein würde, wenn ich groß bin. Ich weiß heute nicht mehr im Detail, wie es aussah. Es ging jedenfalls in Richtung Villa mit Garage, Sauna, Kino und vielen Kinderzimmern. Aber ich erinnere mich genau an das Gefühl, das ich dabei hatte. Ich war glücklich, weil ich ein schönes Haus hatte.

In gewisser Weise ist dieses »Haus«-Spiel universell: Wie ich damals, spielen Millionen von Kindern rund um den Globus mit Häusern. Sie besitzen Barbie-Häuser und welche für andere Puppen, sie bauen Häuser aus Karton, formen matschigen Sand zu Burgen und verbringen ganze Tage damit, bunte Lego-Steine zu kunstvollen Wohnhäusern, Feuerwehrstationen und Bauernhöfen zusammenzubauen. Wenn sie größer sind, tauchen sie in die virtuelle Welt ab und zocken Minecraff auf der Konsole. Das ist nicht verwunderlich, denn wie wir wohnen, beeinflusst maßgeblich, was für ein Leben wir führen.

Ein Zuhause kann uns Sicherheit, Rückzug und Geborgenheit bieten. Es kann aber auch genau das Gegenteil mit uns machen: Wir können daheim beengt und deswegen belastet sein. Wie wir wohnen, bestimmt, was für sozialen Kontakte wir haben und welche Menschen uns tagtäglich über den Weg laufen. Es macht einen Unterschied, ob wir Tür an Tür mit Menschen wohnen, die manchmal mit uns plaudern und he