2. Foto-Grafien der Erde
Am 21. Juli 1969 landeten die Astronauten der Mission Apollo 11 auf dem Mond. Der berühmte kleine Schritt für einen Menschen, mit dem Neil Armstrong den Mond betrat, wurde live im Fernsehen übertragen und so zu einem großen Schritt für die Menschheit. 500 bis 600 Millionen Fernsehzuschauer weltweit verfolgten das Spektakel, die Hälfte aller Fernsehgeräte war eingeschaltet. Die symbolische Bedeutung der aufgepflanzten amerikanischen Fahne war immens: Der Mondlandung vorausgegangen war der Wettlauf der beiden großen Mächte des Kalten Kriegs, der Sowjetunion und der USA, um die Vorherrschaft im All. Ein neues Kapitel dieser Auseinandersetzung war eröffnet, aber keine weitere Aktion im All entfaltete eine ähnliche Kraft. Nach weiteren Landungen bis in die Siebzigerjahre hinein wurden die Programme zurückgefahren, und die bemannte Raumfahrt schien an ein Ende gekommen. So wie der Kampf um die Vorherrschaft im All in die binäre Logik der Auseinandersetzung der Großmächte eingeschrieben war, so schien sich mit dem Wegfall der Auseinandersetzung die symbolische Bedeutung der Mondlandungen endgültig zu verflüchtigen. Die kostenintensiven Bestrebungen der Monderkundungen kamen zum Erliegen, nur kurze Zeit später gefolgt von dem jähen Anschein eines Endes der Geschichte, als die Sowjetunion unterging. Seitdem wird gemeinsam auf Stationen gearbeitet, historische Händedrucke getauscht, aber alle Gemeinsamkeit beschränkt sich auf erdnahe Umlaufbahnen – den Mond betreten hat seit 1972 niemand mehr.
In den letzten Jahren aber hat das Vorhaben einer Mondlandung wieder Konjunktur. Vor dem Hintergrund einer Weltpolitik, der die binäre Ordnung abhandengekommen ist, treten nun verschiedene Mächte auf den Plan, die sich die Mondlandung zum Ziel gesetzt haben. Die USA wollen im Jahr 2025 eine erste vorbereitende Mission starten, ein Jahr später dann auf dem Mond landen und die Infrastruktur für regelmäßige Erkundungen errichten. Es gibt auch Pläne der Russen, der Inder und der Chinesen, also jenen drei anderen Nationen, denen es bislang gelungen ist, einen Roboter auf dem Mond zu landen. Auch sie streben jetzt danach, eigene Astronauten auf dem Mond absetzen zu können.
Nicht allein Mondlandungen sind wieder im Gespräch, sondern die Weltraumfahrt überhaupt erlebt eine unerwartete, mächtige Renaissance. Allerdings haben sich die Vorzeichen gewandelt. Die grundlegenden Parameter, innerhalb der die neuen Weltraumfahrten seit den frühen 2000er-Jahren geplant und ausgeführt werden, haben sich verschoben: Die heutige Weltraumfahrt wird nicht mehr ausschließlich staatlich gelenkt, die entscheidenden Impulse gehen vielmehr von privatwirtschaftlichem Kapital aus. Es sind vor allem privatwirtschaftliche Unternehmen, die die alten, teils verwaisten Raumbasen übernommen haben, neue Raketensysteme testen, Satelliten ins All schießen und schließlich auch den staatlichen Raumfahrtprogrammen ihre Unterstützung offerieren. Die Raumfahrt-Renaissance legt so Zeichen ab von der Ersetzung staatlicher Programme durch Vorhaben börsennotierter Firmen und Start-ups – der Flug in den Weltraum ist zum Signum einer Welt geworden, die die große Politik hinter sich gelassen hat und nun in ein neues symbolisches Koordinatensystem eingesponnen wird.
Um den Kontrast, die Ausmaße der Verschiebung symbolischer Bedeutung zu erkennen, gilt es, sich nicht nur das