1. KAPITEL
Vancouver, Kanada
„Scheich Zayed Fehz isthier? Wo hier? In Vancouver?“ Dr. Sophie Tornell nahm die Brille ab und fuhr sich mit zittrigen Fingern über den Nasenrücken.
Dass sie zitterte, konnte nur an ihrer Erschöpfung liegen. Kein Wunder nach einer anstrengenden siebenwöchigen Lesereise.
Natürlich hatte es nichts, aber auch gar nichts mit Scheich Zayed Fehz, dem jüngeren Bruder von König Sharif Fehz, zu tun. Auch wenn er der einzige Mann war, der es je geschafft hatte, sie zu demütigen und zu verletzen.
Jamie, Sophies Assistentin, kam mit besorgt gerunzelter Stirn an den Schreibtisch. „Ja …hier.“
„Was meinen Sie mithier?“ Sophies normalerweise kühle Stimme bebte leicht.
„Na ja … hier im Hotel.“
„Was?“ Sophie setzte die Brille wieder auf und starrte Jamie entsetzt an. In der Öffentlichkeit trug sie normalerweise Kontaktlinsen, aber im Hotel war ihr die Brille lieber. „Warum?“
„In Portland hatten Sie keine Zeit für ihn und in Seattle auch nicht. Deshalb ist er jetzt hier“, erklärte Jamie und nestelte nervös an ihrer Bluse herum. „Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass er sich abweisen lässt … es scheint dringend zu sein. Angeblich geht es um Leben und Tod.“
Um Leben und Tod. Genauso schamlos hätte ihr Vater in einer ähnlichen Situation auch übertrieben. Die beiden Männer waren aus demselben Holz geschnitzt, allerdings mit dem feinen Unterschied, dass Sophies Vater nicht mehr lebte.
„Ich kann jetzt nicht …“, stammelte Sophie unglücklich.
„Aber eigentlich ist es im Moment doch ganz günstig …“
Sophie musste deutlicher werden. „Ich will aber nicht.“
„Ähm … kennen Sie ihn eigentlich persönlich?“, fragte die dreiundzwanzigjährige Jamie leicht atemlos.
„Flüchtig“, gab Sophie wortkarg zurück. Die Einzelheiten ihrer schmerzlichen und demütigenden Begegnung vor drei Jahren gingen Jamie nichts an.
„Er sieht ja wirklich umwerfend aus“, schwärmte Jamie mit leuchtenden Augen. Ihre Wangen hatten sich gerötet.
„Möglich“, gab Sophie mit einem Schulterzucken zurück. „Aber das macht noch keinen guten Menschen aus ihm.“
Jamie atmete tief durch. „Er wirkt aber sympathisch … sehr sogar …“
„Wieso? Haben Sie denn mit ihm gesprochen?“
„Na ja … sicher. Er ist dochhier. Draußen im Vorraum.“
„Was? In meiner Suite?“
Die Röte auf Jamies Wangen vertiefte sich noch. „Na ja, ich dachte, dass Sie vielleicht ein paar Minuten für ihn haben. Die Medienberaterin kommt erst in einer halben Stunde.“ Als Jamie Sophies Gesichtsausdruck sah, fügte sie eilig hinzu: „Es scheint wirklich dringend zu sein.“
Sophie fühlte Panik in sich aufsteigen. Zayed hier? Im Vorraum ihrer Suite?
„Habe ich etwas falsch gemacht?“, fragte Jamie ängstlich.
Ja! „Nein, nein.“ Sophie schluckte schwer, als ihr bewusst wurde, dass ihre Hände feucht waren und ihr Herz raste.
Und Jamie war plötzlich den Tränen nahe. Das brauchte Sophie jetzt wirklich nicht. Dabei war Jamie so ein nettes Mädchen, das sich viel Mühe gab und bi