2. KAPITEL
Rache.
Rache in den Augen einer zierlichen blonden, blauäugigen Frau, die so verführerisch war, dass Landon sie nicht vergessen konnte. Sie hatte so elegant ausgesehen in ihrem dunkelblauen Strickkostüm, und sie war so mutig gewesen, das Kinn kampfbereit gereckt. Bethany Lewis.
Aber unter ihren Augen hatten tiefe Schatten gelegen, und Landon bezweifelte, dass sie mehr Schlaf fand als er. Leise fluchend verdrängte er das Bild, das vor ihm aufstieg. Es musste ihm egal sein, welche Dämonen Beth nachts heimsuchten.
Im Übrigen wäre er besser beraten, an ihrer Geschichte zu zweifeln. Misstrauen war sein ständiger Begleiter, seit …
„Ich verlasse dich wegen eines anderen Mannes.“ Diesen Satz, diese Stimme, würde er nie vergessen.
Andererseits – der Scheidungskrieg zwischen Hector Halifax und seiner Frau war von den Medien breitgetreten worden. Wenn auch nur die Hälfte dessen stimmte, was in der Presse stand, dann hatte Beth einiges hinter sich.
Doch auch das musste Landon egal sein.
Er hatte seine Ansprache gehalten und sich gerade das fünfte Glas Rotwein geholt. Nun stand er draußen auf der Hotelterrasse, lehnte sich an die Balustrade, schaute hinaus in den nächtlichen Park und nippte ab und zu an seinem Wein. Es war still geworden, still genug, um das Plätschern des Wassers im Swimmingpool zu hören. Eine Grille zirpte, und von fern konnte man die Geräusche der City ahnen. Es hätte ein Moment köstlicher Ruhe sein können, wären da nicht Landons aufwühlende Gedanken gewesen.
Bethany Lewis, Exfrau von Hector Halifax.
Beth, die ihn geküsst hatte, als hinge ihr Leben davon ab. Es war ein Kuss voller Verzweiflung gewesen, und irgendetwas daran hatte ihn tief berührt. Vielleicht weil auch er die Verzweiflung kannte. Sie war ein schäbiger Begleiter, ein schlechter Ratgeber.
Was ihn verwirrte, war, dass er körperlich auf den Kuss reagiert hatte. Bethany Lewis war weder die schönste Frau, die er je gesehen hatte, noch wirkte sie in ihrer Wut besonders sexy. Doch ihre harten, wilden Lippen auf seinem Mund hatten ihn unglaublich angemacht, und als Beth zwischen ihm und der Wand gefangen gewesen war, hatte er dem Bedürfnis, sie zu berühren und sie leidenschaftlich zu küssen, kaum widerstehen können.
Warum hatte er es nicht getan? Seit Jahren war ihm keine Frau mehr begegnet, bei der es gefunkt hatte. Zu gern hätte er gewusst, wie sich Bethanys Brüste anfühlten, zu gern hätte er diesen kleinen hungrigen Mund noch einmal geschmeckt.
Die vertrauten Schritte seines Bruders Garrett rissen ihn aus seinen Gedanken. Wo sein jüngster Bruder war, wusste er nicht, aber bestimmt hing Julian John irgendwo auf dieser Party rum und flirtete mit einer Kellnerin.
„Es überrascht mich, dass du es so lange hier ausgehalten hast“, bemerkte Garrett und lehnte sich ebenfalls an die Balustrade.
Landon zuckte die Achseln. „Ich warte, bis sie weg ist.“
Sein Bruder lachte leise. Es war ein sympathisches Geräusch, und auch Landon hatte früher so gelacht. „Ich gebe zu, dass mich der Inhalt dieses schwarzen Büchleins sehr interessiert“, sagte Garrett.
Landon interessierte sich ebenfalls dafür, aber er schwieg. Als Ältester musste er einen kühlen Kopf bewahren, denn seine Mutter und seine Brüder hatten ein Recht darauf, dass er keine unüberlegten Entscheidungen traf.
Eine leichte Brise kam auf und ließ die Blätter der Büsche rascheln.
„So viel Hass wie in ihren Augen habe ich noch nie zuvor gesehen“, gab Garrett zu. „Außer vielleicht in deinen.“
Die alte, vertraute Wut packte Landon erneut. Er rupfte ein Blatt von einem Busch und riss es in zwei Hälften, ehe er es fortwarf. „Wenn du mir etwas zu sagen hast, dann los.“
„Weißt du, all die Jahre habe ich darauf gewartet, dass du wegen der Sache, die damals geschehen ist, etwas unternimmst. Mutter hat gewartet. Julian ebenfalls. Du hast nie getrauert, Landon, hast dich nicht einmal sinnlos betrunken. Du bist am Tag danach zur Arbeit gegangen und hast seitdem nicht mehr aufgehört, rund um die Uhr zu schuften.“
„Garrett, ich habe Vaters Zeitungsimperium gerettet, habe die Online-Ausgabe erfolgreich gemacht und den Gewinn verdreifacht. Und ihr hättet es gut gefunden, dass ich mich sinnlos betrinke?“
„Nein, so meinte ich das nicht. Ich denke nur, dass du etwas tun solltest, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das hättest du schon vor langer Zeit tun sollen. Du weißt ganz genau, dass du ihn zerschmettern kannst.“
„Halifax?“
In Garretts Augen glomm ein teuflischer Funken. „Erzähl mir nicht, dass du nicht auch darüber nachgedacht hast.“
„Habe ich. Jeden