II
»Siehst du die Anarchisten«, sagte Jenny, als alle gegangen waren, »siehst du sie jetzt? Brauchst nur mal ein paar Tage kein Geschäft zu haben – gleich werden sie üppig. Nur in Verlegenheit braucht man zu kommen – schon laufen sie fort. Forellen müßt ich ihnen vorsetzen, das Kilo für acht Franken. Dann solltest du sehen! Diese Häsli – ach du mein Gottchen, wie sie hier ankam! Aus Gnade und Barmherzigkeit hat man sie aufgenommen. Das ist der Dank. Ausgehungert waren sie, daß Gott erbarm. Jetzt sind sie auf einmal vornehm. – Was machen wir nur, Max? Du wirst sehen, sie laufen uns fort!«
Aber Max hatte keine Lust zu Meditationen. »Ah was!« sagte er unwirsch und kramte verärgert in seiner Tischschublade.
Die Tür ging auf, und herein kam Fräulein Theres, lendenlahm und verdrießlich. Der Rheumatismus plagte sie heut ganz besonders. In der matt herunterhängenden Hand hielt sie einen angerauchten Stumpen und blies mit spitzem Munde den Rauch von sich. Unaufgefordert nahm sie Platz, knetete schmerzhaft ihren Gichtschenkel und drehte sich schnaufend auf dem Stuhl. »Frau«, sagte sie, »wird gebügelt?« »Jawohl, Theres, mach' die Eisen heiß.« Und Theres erhob sich mühsam und troßte ab, um die Eisen heiß zu machen.
Und Fräulein Rosa legte den Bügelteppich auf den Tisch und holte den Wäschekorb aus dem Bretterverschlag, um die Wäsche einzuspritzen.
Flametti aber hatte beim Abschließen der Schieblade einen Schaden am Schloß gefunden, zückte den Hausschlüssel und hämmerte damit am Schlüsselloch.
Es klopfte. Die Türe ging auf, und herein trat Fräulein Lena, vormals Pianistin bei Flametti.
»Grüatzi!« sagte sie und schob sich in drei freundlichen Wellen herein.
»Tag, Lena!« nickte Jenny, »komm nur herein!«
»Wenns erlaubt ist!« sagte Lena.
»Tag, Lena!« bekräftigte Flametti, ohne aufzusehen; so versunken war er in seine Reparatur.
»Bügelt ihr?« fragte Lena.
»Ja, wir bügeln«, wischte Jenny sich die Schweißhände an den Busen.
Theres brachte das Bügeleisen, und Lena nahm ihren Stuhl.
»Schöne Sachen hört man!« rückte sich Lena auf ihrem Stuhl zurecht.
»Um Gotteswillen, Lena, was gibt es denn?«
»Ja, ja«, seufzte Lena.
»Was denn, Lena? Sprich doch!«
Und zu Rosa: »Geh mal raus in die Küche! Ich ruf' dich dann!«
Flametti hämmerte angelegentlich und beflissen am Schlüsselloch.
»Also hört zu«, strich Lena ihren Rock zu den Füßen, »sie machen euch aus, wo sie können. Sie er