1. Kapitel: Einleitung
A. Untersuchungsgegenstand
I. Ausgangssituation
Die Anfertigung von Tattoos hatte noch vor wenigen Jahrzehnten einen vornehmlich negativen Ruf. Das Tätowieren erfolgte oft als inoffizielles Nebengeschäft in Hinterzimmern von in Rotlichtbezirken gelegenen Gaststätten1 oder Friseurbetrieben, zumal der schlechte Ruf häufig eine gewerberechtliche Zulassung als Tätowierbetrieb verhinderte.2
Mittlerweile hat sich die deutsche Tattoobranche jedoch zu einem stetig wachsenden Geschäftsbereich entwickelt. Im Jahr 2012 wurde ihr Jahresumsatz anlässlich einer Stellungnahme desProTattoo e.V. für den Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags auf ca. 50 Millionen Euro geschätzt. Dieser Umsatz soll damals von rund 6.000 offiziellen Studios mit ca. 20.000 Beschäftigten erwirtschaftet worden sein. Dabei wurde von einer Zahl von ca. 2 Millionen angefertigtenTattoos jährlich ausgegangen.3
Seit 2012 dürften diese Zahlen angesichts der allgemein wahrnehmbaren Rezeption vonTattoos in den deutschen Medien und in der deutschen Gesellschaft merklich gestiegen sein. So gaben einer Studie des Ipsos-Instituts (2019) zufolge 21% der befragten deutschen Männer und Frauen an, einTattoo oder mehrereTattoos zu haben. Die Studie geht zudem von rund 8.000 offiziellenTattoostudios in Deutschland aus.4
Die meistenTattoostudios pro Kopf der Bevölkerung befinden sich in Deutschland dabei überraschenderweise nicht in international geprägten Großstädten wie Berlin oder Hamburg, sondern überwiegend auf dem Land in Bayern.5
WährendTattoostudios weiter nahezu allerorten entstehen undReality-TV-Formate wie „LA Ink“, „Miami Ink“ u.a. den Alltag sowie die Arbeitsabläufe vonTattoo Artists begleiten und sie zu Stars machen, bestehen mittlerweile auch soziale Medien mit dem Schwerpunkt auf Videodarstellungen wie z.B.Instagram zu einem erheblichen Anteil aus Darstellungen tätowierter Körper. SowohlTattoos Artists als auchTattoo Models nutzen die sozialen Medien als Hauptwerbeplattform für ihre Angebote.
Gleichzeitig werden große Player der Farben- und Pigmenteindustrie auf den boomenden Markt aufmerksam. So verkündete das bekannte deutsche Traditionsunternehmen Edding in einer Pressekonferenz am 19. August 2020, in Zukunft selbst entwickelte Tattoofarben anzubieten und ab Oktober 2020 sogar mit eigenenTattoostudios auf den Markt zu treten6, verkündete jedoch im September 2024 überraschend den Ausstieg aus der Branche.7 Die Beiersdorf AG mit ihrer Körperpflegemarke Nivea ging bereits im Herbst 2019 mit Pflegeprodukten speziell fürTattoos auf den Markt.8 Selbst die Textilindustrie hat sich auf den Trend eingestellt und bietet mittlerweile ganze Produktlinien blickdichter Businesshemden für Tätowierte an.9
Mit dem zunehmenden Einfluss der Tattookultur auf die deutsche Bevölkerung sowie durch deren gesellschaftliche Wahrnehmung im Alltag stellen sich vermehrt Fragen über die rechtliche Einordn