II
Vierzehn Tage später, an einem August-Sonntag 1830, wurde Josefine Rinke getauft.
Der Feldwebel hätte seine Erstgeborene gern Luise genannt, nach Preußens geliebtester Königin, aber es wurde als ganz selbstverständlich angenommen, das Kind mußte einen Namen von Großmutter Zillges führen; und so wollte er seinem erst eben genesenen Weib, das ohnehin leicht flennte, diesen Kummer nicht auch noch anthun. War es Trina doch Kummer genug, daß sie die Taufe nicht mit einem Fest feiern sollte, wie sie es gewohnt war bei weit geringeren Anlässen. Im ›bunten Vogel‹ hatte man gern gefeiert; es gab so viel Heiligentage, so viel fröhliche Gelegenheiten. Und wenn man sich nur einen ›Spaß‹ machte, Bratäpfel und Kastanien schmauste, sobald der erste Schnee fiel, oder singend über flackernde Lichtstümpfchen hüpfte.
Nun sollte nicht einmal die Taufe der kleinen Josefine mit einem Essen begangen werden, zu dem man Gevattern und Freunde einlud! Ein größerer Gefangenentransport war nach der Festung Wesel zu eskortieren; statt des plötzlich erkrankten Offiziers hatte man Rinke das Kommando angeboten, und er hatte es angenommen. Hätte er’s nicht ebenso gut ablehnen können, die Taufe seines Kindes war doch Grund genug?! Aber nein – Frau Trina war außer sich – annehmen mußte er’s, aus purer Eitelkeit! Und wenn’s denn schon sein mußte, so hätte man ja doch die Taufe verschieben können, um ein, zwei Tage bloß; aber nein, auch das nicht, der einmal festgesetzte Termin mußte innegehalten werden. Weil der Garnisonspfarrer am Sonntag nach der evangelischen Kirche ein halb Dutzend Soldatenkinder zusammen taufte, mußte das Finchen auch ’ran. Das arme Finchen, das kriegte ja gar keine richtige Tauf’!
›Wenigstens en Tass’ Kaffee mit Bollebäuskes und Rodon,‹ hatte sie schluchzend ihren Mann gebeten, ›un nachher e Jläsche Wein! Un nur en paar jute Bekannte derzu! Dat können mer doch auch ohne dich, da brauchst du ja jar nit bei zu sein!‹
›Ob ich ›bei‹ bin oder nicht,‹ hatte er gesagt, ärgerlich ihre Sprechweise nachahmend, ›ich will den Sums nicht! Schlicht getauft, weiter was ist nich nötig!‹ Die Feldwebelin hatte sich bitter bei ihrer Mutter beklagt.
Schmerzlich bewegt schritt Frau Zillges heute mit der Tochter und der getreuen Dauwenspeck, die den Täufling trug, zur Kirche. Sie kamen ein wenig zu früh, aber sie standen lieber draußen vor der Thür und warteten, als daß sie eingetreten wären, wozu der Küster sie leise aufforderte.
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