: Ronald Dunckert
: Drachentöter - Der Gefangene Ein Escape-Roman
: Bibellesebund Verlag
: 9783955685720
: Drachentöter
: 1
: CHF 8.90
:
: Abenteuer, Spielgeschichten, Unterhaltung
: German
: 225
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Georg nimmt mit seinem Knappen Wenzel die Verfolgung der Schwarzen Reiter auf, um die verschleppten Mönche zu befreien. Es ist ein Weg mit vielen Hindernissen und ein beständiger Kampf zwischen Glaube und Aberglaube - zwischen Wahrheit und Lüge. Er trifft auf alte Feinde und neue Verbündete und muss sich schließlich seiner eigenen Angst stellen. Ein fulminanter Abschluss der Drachentöter-Triologie, bei dem wieder einmal alles anders kommt, als gedacht.

Ronald Dunckert, Jahrgang 1967, ist verheiratet und Vater von vier Kindern, Illustrator und Mitgründer der Werbeagentur »unikat«, sowie der »Kleinen Propheten« in Wuppertal.

DIE NACHT


Du machst Finsternis,
dass es Nacht wird,
da regen sich alle wilden Tiere.

(AUS DEM BUCH DER PSALMEN)

ls ich die Augen öffnete, war um mich herum tiefste Finsternis. Wie manches Mal nach einem plötzlichen Erwachen war es mir nicht möglich, Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden. Hatte ich mich nicht gerade noch auf der Flucht befunden? Etwas war hinter mir her gewesen, etwas, das noch weit schwärzer war als die Nacht. Ich war gerannt, hatte auf dem Rücken eines pfeilschnellen Pferdes gesessen, ja selbst das Fliegen hatte ich in meinem Traum erlernt. Doch nichts von alledem war schnell genug gewesen, um dem Schwarzen Tod zu entrinnen, der mich unerkannt und bedrohlich verfolgte und mir immerfort dicht auf den Fersen war. Nun lag ich in einer Mulde mitten im Wald auf einem Lager aus trockenen Blättern.

Ich schaute mich um. Ganz langsam schälten sich Umrisse aus dem Dunkel. Um mich herum standen Bäume, die wie riesige finstere Gestalten stumm auf mich herabsahen, während sie bedrohlich die Arme zum Himmel emporreckten. Drekin, mein Pferd, stand dicht neben mir, festgebunden an einem Birkenstamm. Es schnaubte leise und trat von einem Bein auf das andere. »Du bist also auch wach, mein Freund? Dann haben wir beide womöglich das gleiche Geräusch gehört?«

Ich lauschte in die Dunkelheit. Es gibt so manche Tiere, die man tagsüber nie zu Gesicht bekommt. Aber wenn dann die Nacht anbricht, beginnt der Wald zu wimmeln. Die Eulen fangen an zu jagen, Fuchs und Iltis rascheln durch das Unterholz. Der Wald hat Stimmen: leise, wispernde Geräusche. Wenn man den eigenen Atem anhält, kann man sie hören.

Und dann ist plötzlich die Hölle los: Ein Mensch rennt um sein Leben. Er keucht, fällt hin, springt wieder auf und läuft weiter. Und im selben Augenblick begreife ich, wovor er flieht. Es gehört zu den furchteinflößendsten Geräuschen des Waldes: das langgezogene Heulen eines Wolfsrudels. Unwillkürlich bekomme ich eine Gänsehaut. Drekin zerrt an seinem Strick. Ich springe auf. Schnappe mir etwas von dem trockenen Stroh, mit dem ich am Abend zuvor Feuer gemacht hatte. Ich wickle es um einen Ast und halte ihn in die noch ganz leicht glimmende Asche. Es dauert viel zu lange. Endlich züngelt ein kleines Flämmchen am Ast empor. Ich greife nach meinem Schwert, springe aus meiner Mulde und laufe direkt auf die Meute zu. Der Fliehende bemerkt mich gar nicht. Der vorderste der Wölfe springt direkt in meine Klinge. Der Aufprall wirft mich zu Boden, doch ich rapple mich wieder auf. Einen zweiten Wolf wehre ich mit dem Fuß ab, die anderen halten mitten im Angriff inne und fixieren mich mit ihren Blicken. Ich hebe den Ast, der nun endlich wie eine Fackel brennt, und schaue in ihre funkelnden Augen.

Sie haben die Ohren angelegt, die Lefzen hochgezogen und knurren böse. Einen sehr langen Augenblick lang stehen wir uns gegenüber und taxieren uns gegenseitig.