Kapitel 1 - Katleen
»Du bist einfach nur ein Idiot.«
Vor drei Jahren die letzten Worte von Katleen an ihren Bruder Konrad.
»Und dann, bumm, ich lasse sie übers Wasser laufen, mache ein paar Bilder und zehn Minuten später liegt sie in meinem Bett.« Nathans Gesicht strahlte. Er sah aus, als hätte er soeben die Zauberformel entdeckt, um mit jeder Frau auf der Welt flirten zu können.
»Okay, aber wie lässt du sie übers Wasser laufen?«, wollte Edward wissen.
»Glaubst du wirklich, ich würde dir mein Geheimnis verraten? Mit dem Wissen könntest du gar nichts anfangen.«
»Ich werde schon nicht mit meiner Kamera rausgehen und jedem Mädchen auf der Straße sagen, dass ich sie übers Wasser laufen lassen kann«, sagte Edward und rollte mit den Augen. »Das ist lächerlich.«
»Das ist romantisch«, korrigierte Nathan ihn.
»Kate, ist das romantisch oder lächerlich?«
Die junge Frau grinste und zuckte mit den Schultern. Sie weigerte sich, sich in die Hahnenkämpfe von Edward und Nathan einzumischen, zu denen es jedes Mal kam, wenn sie zusammen ins Café gingen. Sie drehte ihren Kopf nach rechts zu Anna und warf ihr einen flehenden Blick zu, sie aus dieser Situation zu befreien.
»Also, wie lässt du sie übers Wasser laufen?«, beharrte die hübsche Blondine.
»Ist das alles, was euch interessiert?«, fragte Nathan. »Ihr wollt nicht wissen, ob sie heiß war? Ihr wollt nicht mal ein Foto sehen?«
»Hast du denn ein Foto?«, hakte Anna nach.
Er nahm sein Smartphone heraus, um ihnen das Bild zu zeigen. Es erweckte tatsächlich den Eindruck, als würde die Frau über das Wasser laufen. Wie war das möglich? Ein Vibrieren ließ Kate zusammenzucken. Es kam von ihrem eigenen Handy. Sie zog es aus ihrer Tasche und schaute mit gerunzelter Stirn auf die Nummer auf dem Display.
»Kate?«, fragte Anna, als sie ihre aufgewühlte Miene sah. »Was ist los?«
Die junge Frau antwortete nicht. Edward nahm Nathan dessen Telefon aus der Hand und betrachtete es begeistert.
»Aber wie hast du das gemacht?«, murrte er. Er kratzte sich an seinem kahlen Kopf. Seine Haare wuchsen langsam nach und mussten jucken.
»Kate?«, wiederholte Anna. »Wer ist das? Gibt es ein Problem?«
Katleen erhob sich von dem grünen Ledersessel, auf dem sie es sich bequem gemacht hatte. Nachdem sie in einer hastigen Geste auf ihr Handy gezeigt hatte, um ihren Freunden den Grund für ihren überstürzten Aufbruch zu erklären, ging sie durch die Tür des Cafés nach draußen und nahm den Anruf entgegen.
»Hallo?«
»Er ist tot.«
Kate verstand nicht sofort, was das bedeutete. Die kühle Luft schlug gegen ihre Wangen. In der Eile hatte sie ihren Mantel nicht angezogen und fröstelte.
»Kate, du musst herkommen.«
Kios flehender Tonfall berührte sie.
»Jetzt?«, fragte sie.
Die nächsten Worte kamen ihm hörbar schwer über die Lippen.
»Konrad braucht dich.«
»Konrad hat noch nie jemanden gebraucht«, erwiderte sie trocken.
»Die Nachfolge wird nicht leicht werden.«
»Spricht er schon davon, die Krone zu überneh